„Die Erschütterung der Sinne“ in Dresden
Dresden (dpa) - Paul Cézanne studierte Bilder im Louvre, auch Mark Rothko ging zum „Klauen“ ins Museum. Eine Sonderausstellung in Dresden zeigt, wie vier europäische Maler an der Schwelle zum 19. Jahrhundert Künstler bis in die Gegenwart inspirieren.
Einer davon ist der Co-Kurator.
Begegnung der Meister aus Romantik und Moderne: In einmaliger Komposition zeigt die Dresdner Galerie Neue Meister im Albertinum 76 Werke berühmter Künstler des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. „Die Erschütterung der Sinne“ zeigt den Einfluss von vier Malern, die die Kunst der Moderne an der Schwelle zum 19. Jahrhundert prägten, auf zwölf nachgeborene Kollegen. „Sie bietet neue Erfahrungen und Erkenntnisse, erlaubt ganz neue Blicke“, sagte der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen (SKD), Hartwig Fischer, am Freitag wenige Stunden vor der Eröffnung.
Ausgangspunkt des Konzepts war der durch Caspar David Friedrich prominent vertretene Dresdner Bestand an Werken der deutschen Romantik, sagte Museumsdirektor Ulrich Bischoff. Sie und Leihgaben aus Europa und den USA - von Goya und Delacroix bis Gerhard Richter und Per Kirkeby - stünden exemplarisch für die Entwicklung der Kunst von 1800 bis heute. Die Ausstellung soll das Museum als Ort der künstlerischen Werkstatt und Inspirationsquelle vorstellen. „Es ist der Ort, wo Qualitätskontrolle stattfindet“, sagte Bischoff. Sein Co-Kurator Luc Tuymans verglich es mit einem Gedächtnis.
Gemälde der Protagonisten der europäischen Romantik - Friedrich, John Constable, Eugène Delacroix und Francisco de Goya - sind in Bezug zu Arbeiten von je vier Künstlern der Moderne und Gegenwart gesetzt. Constables malerisches Oeuvre beeinflusste das Schaffen von Adolph Menzel, Max Liebermann und David Claerbout, erklärte Bischoff. Paul Cézanne, Per Kirkeby und Tuymans bezogen sich auf Bilder von Delacroix, Vilhelm Hammershoi, Mark Rothko und Gerhard Richter auf Friedrich, und Goyas Arbeiten bilden eine Linie von Édouard Manet über Max Ernst bis zu den Leuchtkästen von Jeff Wall.
Bischoff und Tuymans gewannen für das auch von der Kulturstiftung des Bundes geförderte Projekt bedeutende Leihgaben aus den großen Museen der Welt und Privatsammlungen. Gut ein Dutzend Werke steuerten die SKD bei, darunter zwei rare Goya-Zeichnungen auf Elfenbein. Aus dem Prado Madrid reisten „Die kleinen Riesen“ des Spaniers an die Elbe - der Entwurf für eine Schloss-Tapisserie, aus Houston (USA) kam das „Stillleben mit Goldbrassen“, der „Kartenspieler“ von Cézanne aus Paris und Jeff Walls „Young Man Wet with Rain“ aus New York.
In der Neu-Ordnung von historischer Malerei und Gegenwartskunst sehen die Kuratoren die Schau auch als „Idealmuseum auf Zeit“. Für Bischoff ist es die Abschiedsausstellung. Er geht Ende März nach fast 20 Jahren in den Ruhestand.