Louvre muss Beutekunst zurückgeben
Paris (dpa) - Manche Mühlen mahlen zu langsam. Auch wenn Frankreichs Museen jetzt sieben Werke an zwei jüdische Familien zurückgeben sollen, will die Regierung die Suche nach Raubkunst beschleunigen.
Eine Task-Force soll eingerichtet werden und der Provenienzforschung neue Impulse geben.
„Diese Arbeit muss aus symbolischen Gründen und im Dienste der Erinnerung und der Geschichte vollendet werden“, erklärte die Senatorin Corinne Bouchoux.
Die Grünen-Politikerin und Initiatorin des Task-Force-Projekts erwähnt in einem Artikel der französischen Tageszeitung „Le Figaro“, dass sie von rund 163 Werken wisse, bei denen die Einrichtung einer solchen Arbeitsgruppe schnell zu einem Ergebnis führen würde. Bouchoux ist Expertin in der Materie. Sie hat über Beutekunst ihre Doktorarbeit geschrieben.
Bei den sieben Werken, die demnächst zurückgegeben werden sollen, handelt es sich laut einem Artikel in „Le Monde“ um Arbeiten von Alessandro Longhi, Sebastiano Ricci, Gaspare Diziani, Francesco Salvador Fontebasso, Gaetano Gandolfi, François-Charles Palko und Pieter Jansz van Asch. Vier stammen aus dem Louvre, die drei anderen aus den Museen in Tours, Saint-Etienne und Agen.
Die Provenienzforschung der Werke hat Jahre gedauert, ebenso die Entscheidung der Rückerstattung. Auch die Festlegung auf einen Termin für die feierliche Übergabe kann noch dauern. Ein Datum sei noch nicht bekannt, lautete die Antwort der Pressestelle.
Staatspräsident Jacques Chirac war das erste französische Staatsoberhaupt, das im Jahr 1995 die Teilnahme Frankreichs bei den Judendeportationen offiziell anerkannt hat. Unter seiner Regierung wurde zwei Jahre später auch die Forschungs-Kommission „Mattéoli“ eingesetzt, weil Frankreich Mitte der Neunzigerjahre wegen seiner schleppenden Recherche und Erschließung von NS-Raubgut in Kritik geraten war. Die Aufgabe der achtköpfigen Kommission: Zu untersuchen, unter welchen Bedingungen die im Besitz französischer Juden befindlichen Güter beschlagnahmt oder durch Betrug und Gewalt entzogen worden waren.
Aus dem im April 2000 vorgelegten Abschlussbericht geht unter anderem hervor, dass von 100 000 nach Deutschland gebrachten Kulturgütern nach Kriegsende 60 000 wieder an Frankreich zurückgegeben worden sind. Bis 1949 fanden 45 000 ihre rechtmäßigen Besitzer wieder, 13 000 wurden Anfang der Fünfzigerjahre verkauft und die 2000 wertvollsten als „MNR“ dem Staat zur Aufbewahrung übergeben.
Zahlreiche der von den damals während der NS-Zeit durch die Nationalsozialisten geraubten Werke waren für das Hitler-Museum in Linz bestimmt oder für die Sammlung des Reichsmarschalls Hermann Göring. Nicht alle waren NS-Raubgut im engeren Sinn. Oft mussten die Verfolgten aus Not heraus ihre Werke auch verkaufen.
„MNR“: Die Abkürzung steht für „Musées Nationaux Récuperation“ und bezeichnet Werke, die nach Kriegsende französischen Nationalmuseen mit dem Auftrag übergeben wurden, ihre rechtmäßigen Besitzer zu ermitteln. Zwischen 1951 und heute sollen nur 79 Kunstwerke mit dem Sigle „MNR“ an ihre legitimen Eigentümer zurückgegeben worden sein. Das sind nicht mal vier Prozent. „Erst wenn wir alle Werke zurückgegeben haben, werden wir dieses Kapitel abschließen können“, erklärte die Senatorin.