Interview mit Sammler F.C.Gundlach : Modefotos als Lebens-Elixier
Der große Sammler F.C.Gundlach spricht über das unterentwickelte Fotografieverständnis der Deutschen.
<strong>Herr Gundlach, Ihre Mode-Bilder im NRW-Forum sind faszinierende, witzige, ungewöhnliche Momentaufnahmen zum Lebensgefühl der Zeit. Wie kamen Sie zum Werk von hundert Künstlern aus über 150 Jahren?Gundlach: Ich war zunächst Modefotograf und habe meine eigenen Bilder gemacht unter anderem mit Romy Schneider. Gesammelt habe ich, als ich mit dem Fotografieren aufgehört habe. Wie waren die Bedingungen für Sie als Fotograf im Nachkriegsdeutschland?Gundlach: Wir fingen ganz klein wieder an, während es in Amerika eine große Kontinuität in der Fotografie gab, mit New York als Mittelpunkt. Als ich 1956 zum ersten Mal New York besuchte, lernte ich Eileen Ford kennen, die erste Frau mit einer Model-Agentur. Über sie kam ich in Kontakt zu amerikanischen Fotografen wie Erwin Blumenfeld und bewunderte deren technischen und kommerziellen Möglichkeiten. Bei uns litt die Fotografie aber auch darunter, dass sie viel zu lange nicht als autonome Kunst anerkannt wurde. Warum brauchten die Deutschen so lange, um den Wert ihrer eigenen Fotokünstler zu erkennen?Gundlach: Sie sahen in der Fotografie eine Sekundärkunst, die aus der Maschine kam. Die amerikanischen Museen begriffen beizeiten, dass es die Persönlichkeit, der Kopf, das Auge ist, das hinter der Maschine steckt und das Bild macht. Das Museum of Modern Art hatte schon 1936 eine eigene Foto-Abteilung. In Deutschland aber unterscheidet man immer noch zwischen angewandter und freier Kunst, und das halte ich für einen ganz großen Blödsinn. Wenn ein Bild 20 Jahre nach seiner Herstellung noch fasziniert, dann geschieht dies unabhängig vom Entstehungskontext.
"Die deutsche Fotografie ist immer noch unterschätzt." F.C.Gundlach, Foto-Sammler
Sie hatten Ende der 70er Jahre eine Fotogalerie in Düsseldorf. Sie waren Ihr bester Käufer?Gundlach: Es war sehr, sehr schwer, Fotos zu verkaufen. Ich habe die erste Irving Penn-, die erste Robert Mapplethorpe-Ausstellung gemacht. Es standen 22 Fotos von Mapplethorpe zum Verkauf. Ich habe den Leuten die neue Ästhetik erklärt. Die Fotos kosteten 350 Dollar das Stück. Wir haben mit Mühe zwei Blätter von Mapplethorpe verkauft, 20 blieben bei mir. Man sah in den Fotos Abbilder, keine Kunstwerke. Sie waren also Ihr bester Kunde. Heute geben doch Künstler wie Andreas Gursky und Thomas Ruff den Ton an?Gundlach: Die Kataloge von Sotheby’s und Christie’s bieten zu 80Prozent Amerikaner an. Unser Anteil am Kunstmarkt ist verschwindend gering, und die Bewertung liegt zurück. Bis auf August Sander, dessen deutsche Fotografie hoch eingeschätzt wird. Sie zeigen in Düsseldorf 400 Fotos, ist das Ihr Eigentum?Gundlach: Ich war Gründungsdirektor für das Haus der Fotografie in den Deichtorhallen, habe im Jahr 2000 eine Stiftung gemacht und dort meine Sammlung eingebracht. Ein Teil hängt hier im NRW-Forum und gehört zu dieser Dauerleihgabe. Was ist das Konzept Ihrer Sammlung?Gundlach: Mich interessiert das Bild des Menschen in der Fotografie, nicht nur das Modefoto. Ein Kernstück dieser Ausstellung ist Herlinde Koelbl, sie hat über zehn Jahre lang Angela Merkel fotografiert. In den ersten Jahren ihrer politischen Karriere unterschätzte Merkel das mediale Zeitalter. Sie wusste nicht, dass die Message des Bildes genau so wichtig ist wie die Politik, die sie verkündet. Solche Entwicklungen interessieren mich. Sammlung F.C.GundlachVita Franz Christian Gundlach, Jahrgang 1926, war Mode-Fotograf, Galerist, Sammler, Kurator und Stifter. 2003 bis 2006 war er Gründungsdirektor des Hauses der Fotografie in den Deichtorhallen Hamburg und hob Deutschlands erstes Fotomuseum aus der Taufe.
Sammlung Ihr Motto ist "Das Bild des Menschen in der Fotografie". Die Schau in Düsseldorf ist ein Extrakt daraus, sie heißt "The heartbeat" ("Der Herzschlag").
NRW-Forum Vernissage ist morgen um 18.30 Uhr in Düsseldorf, Ehrenhof2. Die Ausstellung läuft bis 24.3.2008, di - So 12 - 10, fr bis 24 Uhr, Katalog 48 Euro.