Madonnengipfel in Dresden
Dresden (dpa) - Die „Sixtinische Madonna“ von Raffael im Dresdner Zwinger hält Hof: Das berühmte Meisterwerk der Gemäldegalerie Alte Meister bekommt derzeit neue Gefährten aus aller Welt - für eine einzigartige Sonderausstellung.
Die Werke anderer italienischer Meister, die sie sonst umgeben, machten Platz für andere berühmte Bildnisse der Mutter Gottes mit Kind des 16./17. Jahrhunderts.
Die kleine, aber hochkarätige Schau „Himmlischer Glanz. Raffael, Dürer und Grünwald malen die Madonna“ (6. September bis 8. Januar 2012) findet zum Papstbesuch in Deutschland statt. Der Vatikan ist Partner der Staatlichen Kunstsammlungen. Die Exposition eröffnet zugleich das Jubiläumsjahr 2012: Dann wird die „Sixtinische Madonna“, kurz „Sixtina“ genannt, 500.
„Die Erscheinung der Maria war das am meisten gemalte Motiv in der Renaissance“, sagt der Kurator für italienische Malerei, Andreas Henning. Raffael (1483-1520) habe schon seinen Zeitgenossen als der Madonnenmaler schlechthin gegolten. Einmalig und exklusiv an der Elbe sind nun zwei seiner Hauptwerke für wenige Monate nach fast fünf Jahrhunderten wieder vereint. Papst Benedikt XVI. persönlich machte das Treffen der ungleichen Schwestern möglich, als er die erstmalige „Ausreise“ seiner „Madonna di Foligno“ aus den Vatikanischen Museen genehmigte. Die Gemälde standen und entstanden höchstwahrscheinlich neben- und miteinander in Raffaels Werkstatt.
1512 malte der unumstrittene Meister der Mariendarstellung die mehr als drei Meter hohe Altartafel der „Madonna di Foligno“, im selben Jahr erhielt er von Papst Julius II. den Auftrag für die „Sixtinische Madonna“. Die für die Basilika Santa Maria in Aracoeli bestimmte „Madonna di Foligno“ wurde 1564 nach der Zerstörung der Kirche nach Foligno gebracht, gelangte dann nach Paris und 1816 nach Rom. Die „Sixtina“ wurde für den Hochaltar der Klosterkirche San Sisto in Piacenza gemalt, wo sie rund 250 Jahre fast unbeachtet hing. 1754 kaufte Sachsen-Kurfürst und Polen-König August III. die „Sixtina“ für 25 000 römischen Scudos. „Erst in Dresden und vor allem durch die Romantiker erlangte sie Berühmtheit“, sagt Kurator Henning.
Ihre Bedeutung liege im Bild selbst. „Es ist eine Mischung von menschlichem Ernst der Mutter und göttlicher Verklärung der Instanz, verbunden mit einer unglaublich ausgefeilten Komposition und einer gewitzten Bildzutat: den Engeln.“ Dies komme einer Vermenschlichung des Himmels gleich. Der Ernst im Blick der Mutter Gottes ob der Bestimmung des Christuskindes, ans Kreuz genagelt zu werden, werde durch den Witz der beiden davongekommenen Engel gebrochen. „Raffael wollte die schönste Frau der Welt malen“, sagt Henning unter Verweis auf einen Brief. Danach habe er die schönsten Details gesucht und zusammengefügt.
„Die "Madonna di Foligno" ist die klassische Vision mit irdischer Ebene, Stiftern und Heiligen sowie der Madonna als Vision, die "Sixtina" eine Weiterentwicklung.“ Hier sei das Bild selbst die Vision, die sich immer von Neuem ereigne. Im direkten Vergleich zeige sich, dass Raffael ein „Genie an Innovation“ und ein Ausnahmekünstler gewesen sei. Die „Sixtina“ bleibt an ihrem Platz, die Madonna des Papstes hängt zu ihrer Seite. Um die deiden werden andere Gemälde, Zeichnungen und Bücher gruppiert. Unter den insgesamt 20 Objekten sind laut Galeriedirektor Bernhard Maaz „ein Dutzend Madonnen“.
Zwei Drittel kommen als Leihgaben aus großen Museen. Zu den „Stars“ gehören die „Stuppacher Madonna“ von Matthias Grünewald, ein 1516 entstandenes Wallfahrtsbild aus der Pfarrkirche Mariä Krönung in Stuppach bei Bad Mergentheim in Baden-Württemberg, eine Studie zur „Madonna die Foglino“ von Raffael aus dem British Museum in London und Albrecht Dürers „Dresdner Altar“ (um 1496) aus eigenem Bestand. „Die Ausstellung bietet die einmalige Chance, die Marienverehrung um 1512 anhand von Meisterwerken verständlich zu machen“, sagt Maaz. Sie sei die ideale Ergänzung zu „Gesichter der Renaissance“ in Berlin. „Dort wird das Porträt in dieser Epoche gefeiert, in Dresden die Madonna.“