Piet Mondrian: Von der Figuration zur Abstraktion
Berlin (dpa) - Seine Gitterbilder gelten als Ikonen der Moderne: Schwarze Linien, hier und da ein rotes, gelbes oder blaues Feld, sonst nichts. Der niederländische Künstler Piet Mondrian (1872-1944) zählt mit seinem radikal reduzierten Stil zu den Begründern der abstrakten Malerei.
Vor wenigen Monaten erzielte seine „Composition No. III“ von 1929 in New York mit umgerechnet 45 Millionen Euro einen Auktionsrekord für den Künstler.
Eine Ausstellung in Berlin erzählt jetzt auf faszinierende Weise, welch langen Weg der holländische Lehrersohn bis zur „Erfindung“ seiner lakonischen Malerei zurückgelegt hat - angefangen von frühen impressionistischen Landschaftsgemälden bis hin zu einem großartigen Schlussakkord, in dem nur mehr ein einziges blaues Quadrat den Rhythmus der horizontalen und vertikalen schwarzen Linien aufnimmt.
„In der Ausstellung ist Mondrian als Mensch in Entwicklung zu erleben, als jemand im Werden und Sich-Wandeln“, sagt der Berliner Festspiele-Intendant Thomas Oberender vor der Eröffnung im Martin-Gropius-Bau. Es sind nur etwa 50 Gemälde und Zeichnungen, die bis zum 6. Dezember unter dem Titel „Piet Mondrian: Die Linie“ gezeigt werden, aber vielleicht macht gerade diese Verdichtung die künstlerische Entwicklung so anschaulich. Jedes Bild steht so auch stark für sich.
„Ich will der Wahrheit so nah wie irgend möglich kommen, und deshalb abstrahiere ich alles, bis ich zur grundlegenden Qualität der Dinge vorstoße“, notierte der Maler einmal. Beispielhaft ist etwa das Ölgemälde „Bäume am Gein: aufgehender Mond“, das 1907 in der ersten Umbruchzeit zwischen Figurativem und Abstraktem entstand. Die Bäume sind nur mehr schemenhaft an einem fast geometrisch graden Ufer zu sehen, es dominiert das Wechselspiel von Licht und Schatten durch einen fast unwirklich hellen Mond.
Beeinflusst war Mondrian anfangs vom impressionistischen Stil der niederländischen Haager Schule, später in Paris wird der Kubismus mit Pablo Picasso und Georges Braque bestimmend. In den 1920er Jahren macht er die Reduktion von Form und Farbe immer mehr zum Programm - „Neoplastizismus“ nennt er seinen eigenen Stil.
„Es war die Linie, die die Farbe befreite“, schreibt Kurator Hans Janssen vom Gemeentemuseum Den Haag im Katalog. „Die Veränderungen in seinem Zeichenstil machten ihn empfänglich für Rhythmus und Balance, für Bewegung und Energie und für eine Schönheit, die eher im Material zu suchen ist als in der Darstellung oder im Inhalt.“
Das niederländische Museum, das die weltweit größte Mondrian-Sammlung besitzt, hat die meisten Werke für die Berliner Ausstellung zur Verfügung gestellt, hinzu kommen Leihgaben von Sammlern oder anderen Häusern.
Für Gereon Sievernich, den Direktor des Gropius-Baus, ist es ein besonderes Zeichen, dass der „Stammvater der Moderne“ gut hundert Jahre nach seiner ersten Ausstellung 1913 in Berlin nun zurückkehrt. Denn bei den Nazis waren Mondrians Bilder als „Entartete Kunst“ verfemt. „Sein Werk ist auf sehr gute und sehr schlimme Weise mit Berlin verbunden“, sagt Sievernich.