Vorkämpfer für Museumsgänger
Der Wiener Revolutionär Franz West im Museum Ludwig.
Köln. Franz West (62), der Wiener Revolutionär der Museen, der den Ausstellungsräumen das Weihevolle austreibt und die Besucher zum wichtigen Part seiner "Kunststücke" macht, erhält im Museum Ludwig die erste große Retrospektive. Frei nach dem Slogan von Joseph Beuys, jedermann sei ein Künstler, bietet er Skulpturen zum Sitzen oder Anfassen an. Wenn ein schwarzes Handsymbol neben dem Titel an der Wand klebt, kann man es sich gemütlich machen, mit der Kunst spielen und auf den Stühlen oder Skulpturen Platz nehmen.
Zur Pressekonferenz bat West auf Sofas aus primitiven Armier-Eisen und Batikstoffen. Etwas wackelig und eher ungemütlich ist dieses Anti-Design. Die harten Stäbe für die Stuhlbeine liebt er, weil er sie "zwischen Unkraut liegen" sieht. Man sollte ihnen allerdings nicht zu nahe kommen. Jedenfalls wurde seine "Kantine" von 2001 fürs Museums-Café ausrangiert, als sich die Leute an den Stäben ihre Strümpfe zerrissen. Niemand setzte sich gestern auf die nach hinten kippenden Stahl- und Blechstühle aus den "Wegener Räumen" (1988). Aus Versicherungsgründen stehen sowieso die ersten, inzwischen historischen "Passstücke" hinter Museumsglas, obwohl sie einst für jedermanns Körper gedacht waren. Selbst dieser Querkopf mit dem Hang zur Interaktion gibt inzwischen klein bei.
Dennoch: Das Spiel des Künstlers mit den bösen Geistern ist faszinierend. Die lachenden Gespenster auf alten Holzschränken, der Kochtopf mit dem militärischen Papier-Deckel, die surrealen Lemuren und Masken aus Papiermaché machen klar, dass hier kein bloßer Spaßmacher am Werk ist. Man hört förmlich sein lautloses Lachen, sobald man sich hinter einem Paravent verirrt und nichts sieht außer der weißen oder pechschwarzen Wand. Wer dort sitzt, kann über seinen Status als Kunstgänger nachdenken, ohne dass ihm eine Antwort serviert wird. Am besten wirkt sein "Autosex", bei dem er eine Riesenfolie von Heimo Zobernig mit seinen Stühlen kombiniert. Man sieht nichts als sich selbst.
Ausstellung bis 14. März, Museum Ludwig, Köln