„Aftershock“: So viel Motörhead wie noch nie

Berlin (dpa) - Es ist zu einer liebgewonnenen Gewohnheit geworden: Seit 1996 veröffentlicht die Heavy-Metal-Band Motörhead alle zwei Jahre ein neues Album. Selbst die gesundheitlichen Probleme ihres Masterminds Lemmy Kilmister (67) hat die Band (fast) nicht davon abgehalten, ihren Rhythmus zu unterbrechen.

Gut, ein Jahr länger als sonst hat es gedauert, das mittlerweile 21. Studioalbum „Aftershock“ auf den Markt zu bringen. „Natürlich musste ich die Aufnahmen zwischendurch unterbrechen, das weiß ja jeder, aber danach ging es auch wieder weiter“, erzählte Lemmy im Interview der aktuellen Ausgabe des Musikmagazins „Rock Hard“.

Die wohl bekannteste Front-Warze im Rock'n'Roll-Universum musste wegen seiner Herzprobleme mehrere Shows absagen und auf dem Wacken-Festival zwang ihn ein Schwächeanfall dazu, früher von der Bühne zu gehen. „Es ging nicht anders. Ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben eine Scheißangst“, entschuldigte sich die Rock-Ikone für die ausgefallenen Live-Gigs. Lemmy trägt nun seit geraumer Zeit einen Defibrillator, der bei Herzrhythmusstörungen eingesetzt wird.

Die neue Scheibe ist eigentlich ein Album geworden, wie es typisch ist für die Phase ab 2000. Es deckt die gesamt Bandbreite im Motörhead-Kosmos ab: Uptempo-Nackenbrecher, Midtempo-Rocker, knarzender Bass. Doch auch melancholische Klänge entlockt Mister Kilmister seiner vom Whisky geölten Kehle, und auch ein Blues-Song befindet sich auf dem Werk. Und bereits zum fünften Mal ist das Trio mit Produzent Cameron Webb ins Tonstudio gegangen.

Was wirklich neu ist: Motörhead haben mit insgesamt 14 Songs so viele wie noch nie auf ein Album gepackt. „Ich mag die Variationen, die das Album bietet und meine, dass es eins unserer besten Werke ist“, beurteilte Gitarrist Phil Campbell über „Aftershock“.

Das sagen eigentlich alle Musiker, wenn sie eine neue Platte auf den Markt bringen. Campbell ist aber insofern Recht zu geben, als dass die Songs auf „Aftershock“ im Vergleich zu den beiden Vorgänger-Alben „The World Is Yours“ und „Motörizer“ nicht so dahinplätschern, sondern sich viel schneller im Gehör festhaken und punktuell sogar Erinnerungen an frühere Meisterwerke wie „Overkill“ und „Ace Of Spades“ wach werden. „Wir feilen solange an einer Scheibe, bis wir völlig zufrieden damit sind“, erklärte Lemmy im Motörhead-Sonderheft des Magazins „Metal Hammer“.

Der Sänger, Bassist und das Aushängeschild ist also rundum zufrieden mit dem Ergebnis. „Motörhead enttäuschen mich nicht“, sagt Lemmy über seine eigene Band. Und eigentlich ist es dem Backenbart-Träger herzlich egal, was andere von seiner Musik halten: „Wir machen Platten, damit sie uns gefallen.“

Wenn andere sie gut finden, dann sei das ein Bonus. Seit den frühen 60er Jahren schlägt sich Lemmy als Musiker durchs Leben. Der Engländer, der seit 1990 in Los Angeles lebt, kann sich nach wie vor nichts Besseres vorstellen, als mit seiner Band durch die Welt zu reisen. „Ich bin ein Roaddog. Das Leben auf Tour ist mit Sicherheit besser als ein Rentnerdasein zu Hause.“

Wegen der im Alter immer häufigeren Gesundheitsprobleme hat Lemmy, der in Berlin regelmäßig den Arzt seines Vertrauens aufsucht, seinen Lebenswandel etwas seiner angeschlagenen Physis angepasst. „Ich trinke immer noch - aber weniger. Und ich rauche viel weniger. Vorher waren es drei Päckchen am Tag - jetzt sind es nur noch drei die Woche.“ Der Mann weiß, dass er künftig mit seinen Kräften haushalten muss. Schließlich soll in zwei, spätestens drei Jahren das nächste Motörhead-Album erscheinen.

Tourdaten: 26.11. Berlin — Velodrom, 27.11. Frankfurt — Jahrhunderthalle, 29.11. Stuttgart — Schleyerhalle, 30.11. München — Zenith, 2.12. Düsseldorf — MEH, 3.12. Hamburg — Sporthalle