Alle Jahre wieder: Weihnachtsalben
Berlin (dpa) - Zwischen „Winter Wonderland“ und „Silent Night“ - das diesjährige Weihnachtsgeschäft wird wieder von einigen großen Namen bestimmt: Rod Stewart, Cee Lo Green und natürlich Michael Bublé beschwören das Fest der Liebe.
Die Indie-Fraktion hält sich diesmal im Vergleich zum Vorjahr zwar etwas zurück, wartet aber dennoch mit einigen schönen Überraschungen auf. Besinnlich geht es aber fast überall zu.
MICHAEL BUBLÉ könnte der neue Bing Crosby („White Christmas“) werden. Auf jeden Fall steht der Kandier auf Weihnachten: „Spätestens nach Halloween bin ich schon komplett in Feiertagsstimmung“, sagte der Weihnachtsenthusiast der Nachrichtenagentur dpa.
Sein Album „Christmas“ soll das erfolgreichste Weihnachtsalbum aller Zeiten sein. Sieben Millionen Mal wurde es bisher verkauft. Alles Gründe genug, den Abräumer des Vorjahres als „Deluxe Special Edition“ erneut zu veröffentlichen.
Und die kommt an: „Christmas“ ist bereits auf Platz 23 der deutschen Album-Charts geklettert. Neben den gewohnten Klassikern („Jingle Bells“, „Silent Night“) hat der Neo-Crooner und Frauenschwarm noch drei neue Songs draufgepackt. Mit samtweicher Stimme performt er „The Christmas Song“, nähert sich mit den Puppini Sisters und knackigen Bläsern „Frosty The Snowman“ und lässt zusammen mit den Stimmakrobaten Naturally 7 die „Silver Bells“ sanft erklingen.
Seinem großen Idol Bing Crosby (1903-1977) kommt Michael Bublé schließlich auf seiner neuen Single „White Christmas“ (VÖ 14.12.) ganz nah. Die Computertechnik macht ein virtuelles Duett der beiden möglich.
Eine CD für alle Stimmungslagen ist die Compilation „CHRISTMAS RULES“, auf der eine illustre Schar unterschiedlichster Interpreten ihre Geschenke auspackt. Da klingen die Wüstenrocker Calexico („Green Grows The Holly“) neben den Chartstürmern fun. („Sleigh Ride“), versprechen The Shins eine „Wonderful Christmastime“, wärmen sich Rufus Wainwright und Sharon Van Etten gegenseitig, denn: „Baby, It's Cold Outside“ - eine wunderbar schläfrige Bar-Nummer. Ganz entspannt und jazzig harmonieren auch Paul McCartney und Diana Krall, die den „Christmas Song“ zum Besten geben.
Alles Interpreten, die man sonst wohl kaum gemeinsam auf einem Album vermuten würde, aber Weihnachten macht es möglich - und der unaufgeregte Mix aus Folk, Jazz, Pop und Country im Christkindl-Gewand funktioniert ganz ausgezeichnet, um etwaig angeschlagene Nerven zu beruhigen. Lediglich das mantraartige „Santa, Bring My Baby Back (To Me)“ von Eleanor Friedberger schlägt etwas experimentellere Töne an und lässt den Puls schneller schlagen.
In den letzten Jahren hat ROD STEWART mit großem Erfolg immer wieder das „Great American Songbook“ aufgeschlagen und mit den Coversongs der US-Klassiker die Charts erobert. Jetzt hat der Brite mit der Reibeisenstimme im Weihnachtsalbum geblättert und wünscht allen „Merry Christmas, Baby“.
„Ich fand die Idee schon immer extrem verlockend, ein Weihnachtsalbum aufzunehmen“, sagte Stewart laut einer Mitteilung seiner Plattenfirma. „Und da ich ja momentan wieder kleine Kinder im Haus habe, hätte das Timing dafür besser nicht sein können.“ Im Februar 2011 wurde der 67-jährige Sänger, der mit Penny Lancaster (41) verheiratet ist, zum achten Mal Vater.
Klar, das unverwüstliche „White Christmas“ ist drauf und auch „Silent Night“ oder „Santa Claus Is Coming To Town“ dürfen nicht fehlen. Was wäre das sonst auch für ein Weihnachtsalbum. Seine spannendsten Momente gewinnt Rods Winterzauber vor allem durch seine Duette: Neben dem Weihnachtsspezialisten Michael Bublé („Winter Wonderland“) sorgen Ella Fitzgerald („What Are You Doing New Year's Eve?“) im „virtuellen“ Duett, Cee Lo Green („Merry Christmas, Baby“) und Mary J. Blige („We Three Kings“) für einen guten Schuss Funk, Soul und Gospel.
Wer Weihnachten mit Swing, einer rauen Stimme, Klassikern und einem großem Orchester feiern will, wird mit Rod Stewarts „Merry Christmas, Baby“ gut bedient - ein Album, das Frank Sinatra, Bing Crosby und Dean Martin nacheifert.
Als Weihnachtsmann im Pelzmantel rauscht CEE LO GREEN auf dem Cover seines Albums „Cee Lo's Magic Moment“ mit einer von Pferden gezogen Luxuskarosse heran, ein Sack voller Geschenke dabei und ein Rentier am Steuer. Freaky Weihnachten mit dem Soulman. Sein Duett mit Rod Stewart („Merry Christams, Baby“) hat er gleich nochmal auf seiner eigenen Scheibe verbraten, die randvoll mit souligen Weihnachtsklassikern ist.
Neben Rod Stewart hat er sich auch die Unterstützung von Christina Aguilera („Baby It's Cold Outside“) gesichert. Wer mag Weihnachten schon gern allein sein - vor allem, wenn es kalt draußen ist. Und seine Kollaboration mit den Muppets („All I Need Is Love“) ist zu einem absurden Cartoon-Spaß geworden. Weihnachten mit Cee Lo Green - das ist vor allem eine große Party mit viel Gefühl und unwiderstehlichem Groove, bei der Klassikern wie „White Christmas“ einen ordentliche Portion Soul und ein wenig Rock'n'Roll („Run Rudolph Run“) eingeflößt wurde. Sicherlich eines der ungewöhnlichsten Weihnachtsalben des Jahres, bei dem man trotz aller Ausgelassenheit auch mal weinen darf. „Mary, Did You Know“ ist ein Schmachtfetzen in Cinemascope geworden und „Silent Night“ sorgt dank Ce Lo Greens außergewöhnlichen Soul-Stimme für Gänsehaut. Mit Sicherheit einer DER Songs zum Fest.
„Jedes Jahr, wenn im November die Weihnachtsplatten erschienen, wurde ich neidisch“, bekennt TRACEY THORN im Interview zu ihrem neuen Album „Tinsel And Lights“, auf dem sie sich nun tatsächlich selbst dem Winter und den Feiertagen widmet. Wie von einer der geschmackssichersten Sängerinnen (seit den 80er Jahren im Jazz/Pop-Duo Everything But The Girl, später auch solo) kaum anders zu erwarten, nähert sich die Britin dem Weihnachtsfest nicht mit ausgelutschten Standards oder krampfhaften Verfremdungen. Ähnlich stilvoll hatte das vor einigen Jahren die Amerikanerin Aimee Mann hinbekommen („One More Drifter In The Snow“).
Auch Thorn stellt ihre Altstimme ins Zentrum der Arrangements und interpretiert eigene Christmas-Songs, aber auch Zeitgenössisches zum Thema - von Stephen Merritt (The Magnetic Fields), Ron Sexsmith, Jack White (The White Stripes), Low, Sufjan Stevens oder Green Gartside (Scritti Politti). Randy Newman („Snow“) und Joni Mitchell („River“) tauchen in dieser Sammlung winterlich-festlicher Pop-Perlen ebenfalls auf. Einen Klassiker des Genres konnte sich die gerade 50 Jahre alt gewordene Sängerin dann doch nicht verkneifen: „Have Yourself A Merry Little Christmas“ erstrahlt wunderbar kitschfrei in einer Piano/Streicher-Version.
Die Sonne im Herzen hat COLBIE CAILLAT, die für Einfachheit, Natürlichkeit und ungekünstelte Schönheit steht und ihre Spuren im Sand hinterlässt. Die Songs ihrer bisherigen Alben sind leicht wie eine Sommerbrise und verheißen Strand und gute Laune. Folgerichtig hat sie ihren Weihnachtsbeitrag „Christmas In The Sand“ genannt, posiert sie strahlend im Badeanzug mit rotem Sonnenschirm und Wasserball auf dem Cover. Künstliche Eiskristalle wachsen vom Rand her hinein.
Nicht überall ist es kalt, frostig und weiß zu Weihnachten. „Für mich war Weihnachten schon immer ein Fest, das mit Wärme und Sonne zu tun hat“, sagt das California Girl und meint das auch im übertragenen Sinn, wenn sie dabei an die Familie und die Tradition denkt. Für „Christmas In The Sand“ hat Colbie Caillat eine Kombination aus Klassikern („Winter Wonderland“) und eigenen Kompositionen gewählt, sie singt Sätze wie: „I saw Santa in his bathing suit“ (Ich habe den Weihnachtsmann in Badehosen gesehen) und setzt auf große Gefühle und Besinnlichkeit, Geigen und Good Feeling, Country und Pop - die ganze weihnachtliche Gefühlsskala.
In den 50er und 60er Jahren fühlen sich THE BASEBALLS wohl, die sich für ihr Album „Good ol' Christmas“ ein großes Orchester ins Studio geholt haben und eine echte Elvis-Stimmung zur Weihnachtszeit zaubern. „Silent Night“? Ist drauf. „Winter Wonderland“? Ist drauf. Auch Sam, Digger und Basti verlassen sich auf Traditionals, haben aber mit Chris Reas „Driving Home For Christmas“ durchaus etwas „Modernes“ im Programm.
Ansonsten darf Weihnachten auch etwas rockiger sein: Der „Little Drummer Boy“ haut ganz ordentlich auf die Pauke und „Rocking Around The Christmas Tree“ spricht für sich. Auch zur Weihnachtszeit haben The Baseballs dem Rock'n'Roll und Rockabilly nicht abgeschworen. Da mag der Kuss unter dem Mistelzweig auch schon mal heftiger ausfallen - aber alles geschmackvoll dem festlichen Rahmen angepasst.
Einen Gang zurück muss man bei SCALA & KOLACNY BROTHERS und ihrem Album „December“ schalten, auf dem der Winter im Allgemeinen und Weihnachten im Besonderen zu Ehren kommt. Seit 16 Jahren funktioniert das Konzept der Brüder Kolacny, bekannte Pop- und Rocksongs von einem Mädchenchor bedächtig und stimmgewaltig interpretieren zu lassen, vortrefflich.
Immer wieder verblüffen die Leiter und ihre Choristinnen dabei mit einer ungewöhnlichen Auswahl. Diesmal haben sie feine Balladen von Linkin Park („My December“), Coldplay („Christmas Lights“) oder den Pretenders („2000 Miles“) mit ihren engelsgleichen Stimmen und einer dezenten instrumentalen Untermalung neu interpretiert. Alles fließt, nichts stört den bedächtigen Strom. Einige Eigenkompositionen haben die Kolacny-Brüder auch noch auf dem sehr besinnlichen Album untergebracht.
Das Independent-Label Nettwerk legt in diesem Jahr eine feine Compilation unter den Weihnachtsbaum: „ISN'T THIS WORLD ENOUGH“ heißt die nur digital erhältliche Sammlung beschwingter und melancholischer Songs zwischen Folk, Country und Pop.
Auf den Spuren der Beach Boys wandeln fun., die ihren Song „Believe In Me“ beisteuern und auch noch einige Takte „Jingle Bells“ unterbringen. „It's Christmas“ stellen Family Of The Year fest, die ebenfalls auf „Jingle Bells“ stehen. An die Beatles erinnern die Brit-Rocker The Rifles mit „Sleigh Ride“, feinen Folk gibt es von den Great Lake Swimmers und Joshua Hyslop ist für die Klassiker („Silent Night“) zuständig. Höhepunkt von „Isn't This World Enough“ ist sicherlich das klagende „Dear Santa“ des texanischen Singer-Songwriters Jay Brannan, der Kekse für den Weihnachtsmann bereit gelegt hat - aber der ist nicht gekommen.
Eine besondere Überraschung hat sich das amerikanische Entertainment-Magazin „Paste“ einfallen lassen. Der „PASTE HOLIDAY SAMPLER 2012“ wird als kostenloser Download angeboten. Sufjan Stevens, Rosie Thomas und die Great Lake Swimmers sind auf dieser Compilation vertreten, die auch eine Entdeckungsreise zu noch unbekannteren Interpreten ist. Das Christkind kann kommen.