Auf Zeitreise durch die Jahrhundert-Chansons
Patricia Kaas präsentiert in der ausverkauften Kölner Philharmonie ihr Album „Kabaret“.
Köln. Das größte Kapital von Patricia Kaas ist ihre grandiose Stimme: unbeugsam, rau und voller Melancholie füllt sie auf Anhieb den Raum und nimmt die Fans in der ausverkauften Kölner Philharmonie mit auf eine Zeitreise in das Europa der frühen 30er Jahre, denen sie ihr neues Album "Kabaret" gewidmet hat.
Es ist eine Hommage an das freie Künstlerleben in den kleinen Bars und Clubs, wo Frauen wie Marlene Dietrich oder Hildegard Knef mutig und arrogant Zeichen gegen eine Männerwelt setzten, die kurze Zeit später die Menschheit in die Katastrophe stürzt. Ein wenig von der Femme fatal dieser Zeit bringt Kaas auch am Dienstagabend auf die Bühne, wenn sie in flimmerndes Rotlicht getaucht "von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt" ist oder sich wie die Knef beschwert "Das Glück kennt nur Minuten".
Auf der Bühne schlüpft sie immer wieder in die Rolle der verruchten Diva, zeigt viel nackte Haut und dazu passende Posen. Trotzdem bleibt es bei dezenten Anspielungen, die eine bestimmte Grenze nie überschreiten. Auch die arrogante Kühle der großen Sängerinnen der 20er und 30er Jahre weiß Kaas zu vermitteln: Stilettos, Federboas, grau umrahmte Augen, aber auch lange maskuline Hosen.
Dazu passt die strenge Bühnenkulisse mit der großen Showtreppe, dem Lüster und dem schwarz-weißen Fliesenparkett. Was die 1700 Zuschauer erleben, ist eine aufwändige und stimmige Inszenierung mit Balletttänzerin, effektvoll-modernen Choreografien und einer angenehm zurückgenommen Instrumentierung, die das Kabarett-Gefühl noch unterstreicht.
Doch im Mittelpunkt steht stets die Sängerin, die mit ihrer Stimme die Stücke facettenreich und kraftvoll interpretiert. Das Spektrum der Gefühle reicht von der melancholischen Ballade "Une derniére fois", die Kaas ihrer früh verstorbenen Mutter widmet, über das stimmgewaltige "Je voudrais la connaitre" bis zu fröhlich, lebensbejahenden Stücken wie "Pigalle" oder "Une fille de l’est", die vom Publikum mitgeklatscht werden.
Ebenfalls im Kabarettstil aufgearbeitet hat Kaas ihre alten Hits wie "Mon mec à moi" oder das umjubelte "Mademoiselle chante le blues", mit dem Frankreichs Musikstar einst den Durchbruch schaffte.
Zum Schluss stellt die Chanteuse noch das Lied vor, mit dem sie beim Grand Prix für Frankreich antreten wird. "Et s’il fallait le faire" ist ein gefühlvolles Stück mit eingängiger Melodie, das es wohl in seiner angenehmen Einfachheit schwer haben wird, sich beim großen Spektakel durchzusetzen.
Doch die Fans in Köln stört das wenig, sie jubeln ihrem Idol schon weit vor dem Schluss frenetisch und stehend zu. Und Kaas verabschiedet sich in der Nacht zu Aschermittwoch liebevoll mit einem leisen "Kölle Alaaf" und einem sanften Tusch.