Bruce Springsteen: Der Boss wird 65
New York (dpa) - Rentner sehen eigentlich anders aus. Der Mann auf den vor ein paar Wochen veröffentlichten Bildern ist halbnackt und durchtrainiert, kein Gramm Fett ist zu sehen - trotz eines Lebens, bei dem er kaum etwas ausgelassen hat.
Bruce Springsteen will nach wie vor ganz vorn mit dabei sein, bei der Musik, in der Szene, im Leben. Gerade ist er sogar unter die Schauspieler und Kinderbuchautoren gegangen. Am 23. September wird „der Boss“ 65.
Springsteen gibt sich gern als der aus der Arbeiterklasse; und genau da kommt er her. Sein Vater war ein, zumeist arbeitsloser, Busfahrer, seine Mutter Sekretärin. Als ihr Sohn 13 war, kaufte sie ihm eine Gitarre für 18 Dollar - 1962 nicht so wenig Geld wie es klingt. Der Junge machte sich gut und drei Jahre später nahm sie einen Kredit auf, um ihm für 60 Dollar eine bessere Gitarre kaufen zu können. Bald spielte der junge Bruce, der immer Elvis Presley und die Beatles als seine Vorbilder angab, für Geld. Weil er zum Schluss die karge Gage unter den Musikern verteilte, bekam er einen Spitznamen: „The Boss“.
Mehr als 40 Jahre später ist Springsteen immer noch „fit wie eine Fiedel“ („USA Today“). Seine letzten vier Alben - „Magic“ (2007), „Working on a Dream“ (2009), „Wrecking Ball“ (2012) und „High Hopes“ (2014) - schafften es alle auf Platz eins. Gerade „Wrecking Ball“, „die Abrissbirne“, war ganz Springsteen: rockig, wütend und voller sozialkritischer Texte. Was machte es da schon, dass mit „Wrecking Ball“ ein paar Monate später eine 44 Jahre jüngere Göre namens Miley Cyrus in Verbindung gebracht wurde, nur weil die sich in ihrem Video nackt auf einer Abrissbirne zeigt? Ein Boss hat so etwas nicht nötig.
„Springsteen ist nicht einer, der unbedingt den nächsten Hit schreiben will. Und trotzdem hat er auf der ganzen Welt Fans, die jede seiner Arbeiten mit Spannung erwarten“, schrieb Eric Deggans, Kritiker des US-Senders NPR. Ohne es selbst so richtig zu wollen, erfinde sich Springsteen immer wieder neu: „Er ist nach wie vor unbekanntes Gelände in der Musikindustrie.“
Springsteen ist ein Linker. Barack Obama hat er in seinen Wahlkämpfen unterstützt und gegen den republikanischen Gouverneur seines Heimatstaates New Jersey, Chris Christie, ging er betont auf Distanz. Dabei ist Christie bekennender Fan, auf mehr als 120 Konzerten soll der 52-Jährige gewesen sein. Erst als er nach dem Wirbelsturm Sandy die Ärmel hochkrempelte, machte Springsteen bei ihm mit - und umarmte ihn sogar. Christie soll Tränen in den Augen gehabt haben.
Springsteen wird im Alter immer vielseitiger. Jetzt ist er sogar unter die Autoren gegangen mit der Kinderbuchversion seines Hits „Outlaw Pete“ („Er raubte eine Bank schon aus, als er noch in Windeln steckte“). Und er schauspielert auch noch. Sein alter Freund Steven Van Zandt, der Gitarrist aus seiner E Street Band, macht das schon seit Jahren, meistens als übelgelaunter Gangster. In dessen Serie „Lilyhammer“ macht sein Boss nun mit. Springsteen stand schon ein paar Mal vor der Kamera, bisher aber nur als er selbst.
Ein Stück Kulturgut ist er ja sowieso längst, dank „Born In The U.S.A.“. Mehr als 30 Millionen Mal wurde die Platte weltweit verkauft, sie ist Musikgeschichte und wurde Dutzende Male kopiert und persifliert. Und ein Stück Pop-Art ist auch das von Annie Leibovitz fotografierte Cover: Springsteens Po vor der amerikanischen Fahne, aus der Tasche der Jeans hängt eine rote Baseballmütze. Angeblich, sagte Springsteen vor Jahren selbst, war das Motiv Zufall: „Wir haben eine Menge Bilder gemacht. Und letztlich sah mein Hintern einfach besser aus als mein Gesicht.“