Bruno Mars: Dieser Mars will ein Fixstern werden
Kaum jemandem gelang der Aufstieg in die weltweite Superstar-Kaste so reibungslos wie Bruno Mars. Mit Album Nr. 2 will der Hawaiianer zeigen: Ich bin keine Eintagsfliege.
Düsseldorf. Sollte sich Bruno Mars irgendwann über zu viel Stress beschweren, dann wäre Mitleid nicht angebracht. Er hätte es schließlich ganz anders haben können. Normaler. Kein Popstar eben.
In diesem Falle würde Bruno Mars heute nicht Bruno Mars heißen, sondern den Namen tragen, der in seinem Pass steht: Peter Gene Hernandez. Der 27-Jährige könnte dann jeden Tag auf einer der Inseln Hawaiis am Heimatstrand liegen, statt in der Weltgeschichte rumzufliegen. Vielleicht würde er eine Surfschule betreiben. Oder auf dem Holzgrill Seehecht zubereiten.
Stattdessen aber hat Bruno Mars gestern sein zweites Album veröffentlicht. Als Popstar, nicht als Surflehrer. Der Titel der Platte lautet „Unorthodox Jukebox“ — der unorthodoxe Musikautomat. Und er ist Programm. Bruno Mars steht für direkten Pop, für Songs, die sofort funktionieren und Shows, die vor allem auf seine Entertainer-Qualitäten setzen. Trotz dieser Zielgerichtetheit mussten ein paar Umwege beschritten werden.
Bruno Mars — der in der hawaiianischen Hauptstadt Honolulu geboren wurde und angeblich so heißt, weil er als Kind ähnlich kompakt aussah wie der Wrestler Bruno Sammartino — wuchs mit der Musik auf. Seine Mutter war Tänzerin, sein Vater Perkussionist.
Schon im Alter von fünf Jahren stand Klein-Bruno als Elvis-Imitator auf der Waikiki-Beach-Bühne und ließ die Hüfte kreisen. Bereits nach der Highschool wollte Mars Solokünstler werden — natürlich in Los Angeles, dem Mekka der Hipster und Trendsetter, der Schönen, Reichen und Coolen der Szene. Indes: Ihm kamen Philip Lawrence und Ari Levine in den Weg — zwei Musikverrückte, mit denen er erst einmal das Produzententeam The Smeezingtons gründete.
Es war der Startschuss, doch der Platz im Trio brachte Mars keinen Platz auf der Bühne ein. Dafür aber Erwähnungen in zig Dankes- und Beteiligungslisten auf Platten und Singles, die The Smeezingtons für weltweit bekannte Künstler wie am Fließband komponierten und produzierten — darunter die Hymne der Fußball-WM 2010, „Wavin‘ Flag“ von K’Naan, oder der hartnäckige Ohrwurm „Right Round“ von Flo Rida. Zwar sang Mars bei manchen der Songs auch mit, aber das Rampenlicht war immer noch auf andere gerichtet.
Also verschob er 2010 den Fokus, stellte sich selbst in den Mittelpunkt und schoss mit dem Debüt „Doo-Wops And Hooligans“ an die weltweite Spitze der Charts. Sicherlich wird Mars niemals als begnadeter Texter gelten. Zeilen wie „Don’t Say No, No, No, No. Just Say Yeah, Yeah, Yeah, Yeah“ aus „Marry Me“ taugen nicht zum Pulitzer-Preis. Aber die Melodien und die locker-fluffig zwischen Reggae, R’n’B und Soul schwankenden Arrangements von „Grenade“ oder „Just The Way You Are“ sind schlicht unwiderstehlich.
Außerdem ist da ja auch noch diese sanfte, einen wahren Groove erzeugende Stimme des Künstlers. Sie hilft mit, aus Mars-Songs das zu machen, was sie letztlich sind: Lieder, die selbst die kennen, die Bruno Mars nicht kennen. Die Zahlen zum Debüt: Nummer eins in den USA, Großbritannien und Deutschland, 13 Grammy-Nominierungen, weltweit 39 Platin-Auszeichnungen, 45 Millionen verkaufte Singles, eine Milliarde Klicks im Internet.
Bei „Unorthodox Jukebox“ dürfte es nun nicht weniger eindrucksvoll zugehen, denn Mars hat sich hörbar weiterentwickelt: Die erste Single-Auskopplung „Locked Out Of Heaven“ klingt eindeutig nach Police und schafft es damit, ein wenig Rock und schmuddeligen Hinterzimmercharme durch die glänzende Oberflächenpolitur des Songs zu drücken — Produzent Mark Ronson (Amy Winehouse) sei Dank.
In „Moonshine“ wird neuerliche Allerwelts-Lyrik durch melancholische E-Gitarren an den Rand gedrückt. Und „Young Girls“ bedient sich gleichermaßen geschickt wie mitreißend am derzeit so angesagten Lana-del-Rey-Sound, der Gelangweiltheit zum Stilmittel erhoben hat.
Kein Zweifel: Der (positive) Stress wird so ganz sicher nicht abreißen für Mars. Surfschule und Seehecht müssen weiter warten. Er wird es verschmerzen.