Bryan Adams: Ein Rocker beginnt zu flüstern
Abgespeckt und dennoch kraftvoll: Mit „11“ legt der Kanadier Bryan Adams am Freitag ein fast klassisches „Unplugged“-Album vor.
Düsseldorf. Das soll Bryan Adams sein? Das Schwarz-Weiß-Cover-Foto zeigt einen jugendlich wirkenden Gitarristen in glänzenden Leder-Halbschuhen, weißem Hemd und einem schicken Designer-Anzug. Nix schwarzes T-Shirt und blaue Jeans, wie ihn seine Fans kennen; wie er sich auch auf der aktuellen Promo-Tournee präsentiert. Und doch gibt das Bild ein wenig die Richtung von "11" vor, dem neuen Studio-Album des Kanadiers: kein krachendes Rock-Album, eher ein "unplugged" klingendes Stück feiner Popmusik, dessen Kraft sich erst beim zweiten Hören erschließt, dann aber so manche Perle entdecken lässt. Energiegeladene Rasanz, kraftstrotzende Zwei-Sunden-Shows: So hat Adams seit dem letzten Studio-Album "Room Service" (2004) die Hallen gefüllt. Mit den treuen Weggefährten Keith Scott (E-Gitarre) und Mickey Curry (Schlagzeug) an der Seite begeisterte er so die Fanschar hierzulande. Eine schweißtreibende Angelegenheit wie diese Konzerte ist "11" nicht.
Statt des elektrischen Sechssaiters dominiert die Akustik-Gitarre
Elf Songs in knapp 44 Minuten, die er noch bis kommende Woche in elf europäischen Städten live vorstellt: Da dominiert nicht der elektrische Sechssaiter, sondern die akustische Gitarre. Und eben mit der steht Adams bei den elf Konzerten auf den Bühnen - im St. Pauli-Theater Hamburg zum Beispiel, oder in der Londoner St. James Kirche zum Abschluss: Adams pur. Jeans, T-Shirt, Igel-Frisur, scherzend im Dialog mit den Anhängern. Diese Gitarre bildet den Grundsound von "11". Und so war, wie Adams im Interview erzählt, das aktuelle Werk ursprünglich als Akustik-Album angelegt. "Und erst, als schon eine Menge eingespielt und gemischt war, hatte ich das Gefühl, dass ich gar kein Akustik-Album machen wollte. Ich wollte ein Rockalbum." Das ist es geworden - allerdings ein mildes; Bryan Adams light. "11" startet knackig. "Tonight we have the stars" ist ein typischer Adams-Song: Treibende Musik, und dazu serviert er textlich einen kalifornischen Wein, chinesisches Essen und Liebe auf Leinenlaken. Liebe, Lust und Freundschaft - zwischenmenschliche Alltäglichkeiten sind seine Themen. "Einfache Texte. Jeder kennt solche Gefühle", sagt er knapp.Adams verzichtet auf gefürchtete Oberkitschschnulzen
Ein lyrischer Rockstar wird er nicht mehr sein. Das bestätigt auch die erste Single "I thought I’d seen everything" - absolut radiotauglich, ein perfekter Guten-Morgen-auf-der-Fahrt-zur-Arbeit-Song. Eine schwungvolle Up-Tempo-Nummer. Auch das knarzige "Oxygene" gehört zu den flotten Stücken des Albums, das in der Summe aber auf gediegenes Midtempo setzt, dabei auf gefürchtete Oberkitschschnulzen verzichtet - und das mit Erfolg. Das gilt zum Beispiel für "Flower Grown Wild", ein fast altmodisch anmutender Rock-Track, der die Promi-Mädels aus den Hollywood Hills aufs Korn nimmt. Faszinierender Kammermusikrock zum Finale: "Walk on by". Nur Gitarre, Geige, Viola und ein flüsternd-raspelnder Kanadier. Vielleicht das Highlight: "Somethin’ to believe in". Hier kommt Adams’ einzigartige raue Stimme voll zur Geltung. Erst ein Schrammeln auf der Akustischen, über die er sein Reibeisen legt. Im Hintergrund schmeicheln sich Streicher ein. Sein Gesang wirkt erzählend-lakonisch, in einzelnen Zeilen fast dylanesk. Dann der Refrain, echoartige Chöre: "Es reicht nicht aus, nur zu atmen; ich brauche etwas, an das ich glaube." Eine echte Adams-Hymne. "11" ist eine Wohlfühlplatte, die sich vermutlich erst auf den Konzerten in ihrer ganzen Kraft entfalten wird. Bryan Adams Produktiv 1980 erschien das Debüt-Album "Bryan Adams". Sein Durchbruch gelang ihm 1983 mit Album Nummer 3 "Cuts like a knife". Mit "Summer of 69" schuf der heute 48-Jährige einen zeitlosen Klassiker der Rock-Geschichte. "11", das ab heute erhältlich ist, ist sein elftes Studio-Album. Daneben hat er Soundtracks, Best-of-Zusammenstellungen und Live-Alben auf den Markt gebracht.Preisgekrönt Mehr als 65 Millionen Tonträger soll Adams in seiner Karriere verkauft haben. "Everything I do" ist heute noch die Single mit den meisten Wochen auf Platz Eins (16) und war Oscar-nominiert. In seinen Regalen stehen ein Grammy und ein American Music Award.