Das Ringen um Einfluss hinter den Kulissen von Bayreuth

Bayreuth (dpa) - Die Herbststürme fegen über den Grünen Hügel von Bayreuth. Und das Festspielhaus steht da wie im Winterschlaf.

Die Festspielsaison mit dem aufgeregt diskutierten „Ring des Nibelungen“ von Frank Castorf ist längst vorbei, auch das Jubiläumsjahr, in dem landauf, landab der 200. Geburtstag des Festivalgründers Richard Wagner gefeiert wurde, neigt sich dem Ende zu. Alles ruhig rund um Wagner? Mitnichten.

Unter den Gesellschaftern der Festspiel-GmbH gibt es Zwist. Die Stadt Bayreuth will eine neue Satzung für die GmbH nicht akzeptieren. Denn sie würde an Einfluss verlieren im Vergleich zu den Mitgesellschaftern Land, Bund und die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth. Die Stadt könnte von den anderen überstimmt werden. Der Stadtrat fordert nun Nachverhandlungen.

Außerdem will Medienberichten zufolge künftig eben jene GmbH über die Festivalleitung entscheiden - bislang lag diese Personalentscheidung bei der Richard-Wagner-Stiftung, die sich vor fünf Jahren für Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier entschieden hatte. Deren Vertrag endet 2015.

Die Stiftung ist offiziell Eigentümerin des Festspielhauses. Für die weltberühmte Immobilie soll es künftig wieder einen Mietvertrag geben. Denn der 1990 geschlossene Vertrag war noch mit Wolfgang Wagner vereinbart worden und endete, als der langjährige Festspielchef seinen Posten aufgab, um den Weg für seine Töchter Katharina und Eva freizumachen. Trotzdem galt der Vertrag bislang weiter. Mieter ist die Festspiel-GmbH und wird es auch bleiben. Denn was soll die Stiftung auch sonst tun? Was soll sonst in dem Gebäude passieren - außer, dass im Sommer Wagner-Opern aufgeführt werden?

Toni Schmid, Verwaltungsratschef der Festspiel-GmbH und Ministerialdirigent im bayerischen Kunstministerium, sagte in der Vorwoche, man habe sich auf eine Laufzeit von 30 Jahren für den neuen Mietvertrag geeinigt. Diese lange Laufzeit sei wichtig gewesen. „Die öffentlich Hand nimmt für die Festspiele viel Geld in die Hand - da brauchen wir schon einen zeitgemäßen und langfristigen Mietvertrag.“

Hinter den Kulissen sind die Bayreuther Festspiele ein kompliziertes Konstrukt. An der Stiftung beteiligt sind der Bund, der Freistaat, die Stadt Bayreuth, die Mäzene von der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth, die bayerische Landesstiftung, die Oberfrankenstiftung, die Regierung von Oberfranken - und die Familie Wagner, deren Stämme sich nicht wirklich grün sind.

Der Wieland-Stamm, also die Nachkommen von Wolfgang-Bruder Wieland, fürchtet, die Stiftung solle entmachtet werden, wie ihr Vertreter im Stiftungsrat, Chris Thomale, dem „Nordbayerischen Kurier“ kürzlich sagte. Mittlerweile hätte die GmbH auch Tochtergesellschaften, die Gemengelage werde immer unübersichtlicher, kritisierte Thomale in dem Interview. „Und die Stiftung wird schleichend ausgehöhlt, entkernt, entmachtet.“

Die Festspiel-GmbH hatte einst Wolfgang Wagner in den 1980er Jahren gegründet, um seine Machtposition am Grünen Hügel zu festigen. Die Gesellschaft ist Ausrichterin der Festspiele. Von den Gremien dringt wenig nach außen.

Nur so viel ist klar: Es ist vieles im Fluss in Bayreuth. Im Herbst sollte es eigentlich Gespräche über die künftige Festivalleitung geben, da die Verträge der Wagner-Schwestern in zwei Jahren enden. Doch in Berlin gibt es noch keine neue Bundesregierung und noch keinen Nachfolger von Bernd Neumann (CDU) als Kulturstaatsminister. Wie wird sich der Bund künftig beim Thema Bayreuth positionieren? Dabei ist viel zu tun in Bayreuth - konkret am Festspielhaus.

Der in die Jahre gekommene Bau ist dringend sanierungsbedürftig. Eine Finanzierungsvereinbarung ist noch im September kurz vor den Wahlen in Land und Bund unterzeichnet worden, 30 Millionen Euro sind angesetzt. Der Freistaat und die Bundesregierung übernehmen je zehn Millionen Euro, der Rest kommt von der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth, von der Stadt, dem Bezirk Oberfranken und der Oberfrankenstiftung.