„Ein Dauertraum“: Die Band City ist 40 Jahre alt

Berlin (dpa) - „Es ist ein gelebter Traum. Es ist ein Dauertraum.“ Gitarrist Fritz Puppel (67) kann sich noch immer darüber freuen, dass er sein Geld mit dem verdienen kann, was er am liebsten macht: Musik.

City - die Band, zu der er gehört - zählte zu den Rockgrößen in der DDR, hatte schon damals ihre Schallplatten auch im Westen veröffentlicht. Heute tourt sie als eine von wenigen bekannten Ost-Bands auch durch die alten Bundesländer. In diesem Jahr ist City 40 Jahre alt.

Die Musiker gehören der selben Generation an wie die Rolling Stones. Doch „Für immer jung“ heißt ihr Geburtstags-Album, das diesen Freitag erscheint. Am 23. März beginnt in Berlin, der Heimat der Musiker, die Jubiläumstour. „In den ersten sechs Konzerten werden wir eine Produktion auffahren, wie wir sie noch nie geboten haben“, sagt Sänger Toni Krahl (62), ohne mehr Details zu verraten. Klar ist: Die Frontmänner Puppel und Krahl bringen ihren Barfuss-Drummer Klaus Selmke (61), ihren Keyboarder Manfred Hennig (60) und ihren Bassisten Georgi „Joro“ Gogow (63) mit - und eine Bläser-Formation.

In einem Kulturhaus in Köpenick hatte im Frühjahr 1972 alles begonnen. Dort stand die City Rock Band, wie sie ursprünglich hieß, das erste Mal auf einer Bühne. Sie sollte einen fünfstündigen Jugendtanz-Abend musikalisch untermalen. Zehn Jahre später pilgerten dann schon 10 000 Fans zum Open-Air-Konzert in den Berliner Plänterwald. City hatte sich in die Spitze des DDR-Rocks gespielt.

Mit dem aktuellen Album-Titel treten die Berliner in die Fußstapfen von Bob Dylan und Alphaville, die schon vor Jahrzehnten „Forever Young“ sangen. Auch City hatte in der Anfangszeit englisch gesungen. Die Ostberliner Musiker spielten etwa Songs von Deep Purple und Santana nach. Sie stiegen aber dann schnell auf deutsche Texte um, weil ihnen die englische Sprache nicht sonderlich lag.

Das neue Album - das 13. binnen 40 Jahren - ist eine City-typische Mischung aus Gesellschaftskritik und melodiösen Liebesliedern. Es zieht einen Bogen von der Berliner Liedermacherin Bettina Wegner, die einst von DDR-Kulturfunktionären schikaniert worden war, bis zu Iggy Pop und Goran Bregovic, deren Balkan-Song „In The Death Car“ - aus dem Soundtrack zum Film „Arizona Dream“ (1993) - ins Deutsche übersetzt wurde.

Die Platte zeigt auch, wie eng noch immer die Kontakte zwischen den einstigen DDR-Musikstars sind. Puhdys-Sänger Dieter Birr singt bei „Zu spät“ mit. Auch beim Geburtstagskonzert am 23. März in Berlin steht er mit auf der Bühne. Dirk Michaelis, einst bei Karussell, interpretiert auf dem Album mit Toni Krahl das einfühlsame systemkritische Lied „Sind so kleine Hände“ (1978) von Bettina Wegner.

Die fünf Glatzköpfe, die einst mit dem Slogan „Ohne Bass und ohne Haare - mit City durch die 80er Jahre!“ für sich warben, befanden sich mit ihren kritischen Texten im sozialistischen Staat oft am Rande des Erlaubten. Zwei Jahre vor dem Mauerfall thematisierten sie etwa in „Wand an Wand“ und „Halb und Halb“ die deutsche Teilung. Toni Krahl war 1968 als Abiturient wegen seines Protestes gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings verhaftet worden.

Thomas Stein, Ex-Chef der Plattenfirma BMG, sagt: „Wenn man sich die Unbeugsamkeit dieser Gruppe bewusstmacht, läuft es einem den Rücken runter.“ Er lobt aber auch die gesamtdeutsche Ausstrahlung des Glatzkopf-Quintetts. Die Band sei die Einzige aus dem Osten, die es geschafft habe, ihre Alben gleichermaßen in Ost und West an den Mann zu bringen - „und das ohne Skandale!“, fügt der Manager hinzu. Krahl und Puppel hatten nach der Wende sogar eine eigene Plattenfirma gegründet - die erste unabhängige in der DDR. „Wir schauen immer nach vorne und gehen immer wieder neu an den Start“, sagt Puppel.