Ein Halleluja für den Rap-Messias Jay-Z
Hamburg (dpa) - Wenn jemand sein neues Album mit „Heiliger Gral“ betitelt, setzt das schon ein besonderes Zeichen. Das Gleiche gilt, wenn man für sich beansprucht, wie Michael Jackson, Pablo Picasso oder Muhammad Ali zu sein - nur eben gleichzeitig.
Spätestens, wenn Jay-Z mit einem Kreuz auf dem T-Shirt auf die Bühne der Hamburger O2 World tritt, in zwei weißen Lichtkegeln die Arme ausfaltet und ein „What's up Germany“ ins Mikrofon brüllt, ist die Botschaft klar: Hier ist der Messias des Raps am Werk. Oder zumindest ein Musiker mit einem überaus gesunden Maß an Selbstvertrauen - kein Wunder bei 17 Grammys und über 50 Millionen verkauften Platten.
Mehr als 9500 Fans sind zum ersten von zwei Deutschlandkonzerten auf seiner „Magna Carter World Tour“ gepilgert. Für ein Halleluja waren manche bis von Polen oder Schottland angereist. Bei der anderthalbstündigen Hip-Hop-Messe rauschte Jay-Z durch die größten Hits seines eigenen Gesangbuchs - während ihm beim Mitwippen dicke Goldketten vom Hals baumelten.
Auch in der Rolle als Dirigent ging der Rapper auf: Mal mit einer, mal mit beiden Händen in der Luft ließ er sich von seinen hüpfenden, mitrappenden oder kopfnickenden Fans huldigen. Am Liebsten hatte es aber „Hova“ - wie sich Jay-Z auch nennt -, wenn ihm die Menge mit seinem eigenen Erkennungszeichen huldigte: dem „Diamond“ - einem mit zwei Händen zum Dreieck gefalteten Gruß in Richtung Bühne.
Jay-Z präsentierte über zwei Dutzend bunt gemischte Songs aus seinem umfangreichen Werk - wobei ältere eher unbekanntere Hits aus dem Debütalbum „Reasonable Doubt“ (1996) nicht immer Begeisterungsstürme hervorriefen. Sank die Stimmung unter die Grenze absoluter Hingebung, verstand es „Jigga“ aber sofort, die Menge mit Erfolgen wie „99 Problems“ oder „Run This Town“ wiederzubeleben. Im Juli ist Jay-Z neuestes, zwölftes Album „Magna Carta...Holy Grail“ unter großem Medienspektakel erschienen. Die Platte erreichte Platin-Status - obwohl sie noch gar nicht in den Läden stand, die zuständige Behörde hatte extra die Regeln geändert.
Für sein Konzert in Hamburg hatte sich der 43-Jährige als DJ keinen Geringeren als Timbaland geangelt. Der gab sich nicht mit einer Nebenrolle zufrieden - sondern legte im Alleingang mehrere Beatbox-Einlagen ein. Gleichzeitig flankierten zwei Monitore die Bühne und zeigten Videobausteine von stilisierten Geheimdokumenten, Computertexten oder wachen Augenpartien - die Ästhetik eines Überwachungsstaat im Jahr 2013, die Jay-Z für seine monumentale Show inszenierte.
Jay-Z, der bürgerlich eigentlich Shawn Carter heißt, führt auch abseits der Musikbühne ein schillerndes Leben. „Ich bin nie zufrieden“, rappt er in einem Song, „ich will einfach kolossal leben.“ Im vergangenen Jahr schätzte das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ sein Vermögen auf umgerechnet etwa 326 Millionen Euro. Damit rangierte er auf Platz 2 der wohlhabendsten Hip-Hop-Künstler. „Ich kenne mich mit Budgets aus. Ich war ein Drogendealer“, erklärte er dem Magazin „Vanity Fair“.
Auch bei Frauen gibt er sich nicht mit Mittelmaß zufrieden: Seit 2008 ist „Hova“ mit Pop-Göttin Beyoncé verheiratet. Das wohl bekannteste Paar der Musikbranche soll zusammen eine Milliarde Dollar besitzen. Es wird gemunkelt, dass ihnen sogar etwas ganz und gar Unbezahlbares gehört - die private Telefonnummer von US-Präsident Barack Obama. Von seinem Hang fürs Opulente konnten auch Jay-Z Hamburger Fans profitieren. Erst nach fünf Zugaben verabschiedete sich der Rap-Heiland von ihnen - bei seinem Abgang von der Bühne war nur noch der Kreuz-Druck auf seinem Rücken zu sehen.