Ex-Megastar Prince: Altes Label, neues Glück?
Berlin (dpa) - Das nennt man wohl eine Ironie der Musikgeschichte: Pop-Genie Prince veröffentlicht aktuelles Material nun wieder ausgerechnet bei einem Label, mit dem er sich vor Jahren heftigst verkracht hatte.
Und dann auch nicht nur eine, sondern gleich zwei neue Platten.
„Purple Rain“, sein wohl größtes Album und eine der Pop-Wegmarken der Achtziger, ist jetzt 30 Jahre alt. Seine letzte Hit-Single „The Most Beautiful Girl In The World“ liegt ebenfalls schon zwei Jahrzehnte zurück. Dennoch gilt Prince nicht nur weiterhin als einer der weltbesten Live-Musiker, sondern auch als unberechenbares Genie, dem immer noch eine epochale Platte zuzutrauen ist. Seine beiden nun zeitgleich erscheinenden neuen Alben haben zwar ihre Qualitäten, von Meisterwerken sind sie aber ein Stück entfernt.
„Art Official Age“ und „Plectrumelectrum“ kommen bei der Plattenfirma Warner heraus. Prince und Warner - da war doch mal was? Richtig, aus Protest gegen seinen angeblich knebelnden Vertrag mit diesem US-Label malte sich der damals enorm erfolgreiche Künstler in den 90er Jahren den Schriftzug „Slave“ (Sklave) auf die Wange und legte zeitweilig seinen Namen ab - aus Prince wurde „TAFKAP“ oder „The Artist“. Danach stürzte sich der zunehmend erratisch agierende Sänger und Gitarrist in eine unübersichtliche Veröffentlichungspolitik mit teils obskuren Vertriebswegen - und meist bescheidenem kommerziellen Ertrag.
Nun soll also ein Comeback beim Warner-Konzern den mittlerweile 56-jährigen US-Amerikaner zu neuen Höhenflügen führen. „Prince ist einer von einer Handvoll Künstler, die die moderne Musik und Kultur wirklich verändert und neu definiert haben“, sagte Warner-Boss Cameron Strang laut „Rolling Stone“ über zwei „außergewöhnliche Alben, die die unglaubliche Breite und Tiefe seines Talents ausloten“. Viel Vorschusslorbeer vom alten und neuen Arbeitgeber also, den diese Platten freilich nur teilweise rechtfertigen.
„Art Official Age“ ist das typischere Prince-Album, wenn man seine Musik der goldenen Achtziger zugrunde legt. Damals war der kleine Exzentriker aus Minneapolis mit grandiosem Gesang, innovativen Sounds und einer mutigen, zugleich stadiontauglichen Mixtur aus schwarzer und weißer Popmusik der dritte Mega-Star der Dekade neben Michael Jackson und Madonna. An seine Schlafzimmer-Soul-Songs jener Zeit erinnern neue Schmachtfetzen wie „Breakdown“ oder „Time“. Überhaupt dominieren auf diesem weitgehend solo eingespielten Werk ruhige Töne. Fazit: Solide, aber selten wirklich aufregend (außer vielleicht, im negativen Sinne, beim Opener „Art Official Cage“ mit einem wüsten Mischmasch aus Techno, Hardrock-Gitarren, Rap und Soulbombast).
Interessanter ist das zweite Album, das Prince mit der Frauenband 3rd Eye Girl eingespielt hat. Hier klingt er so funky und rockig wie schon lange nicht mehr, nicht umsonst heißt einer der Songs „FunknRoll“. Die Crossover-Vorbilder Jimi Hendrix und Sly Stone werden zitiert, auch der Soul-Säulenheilige James Brown, in schwächeren Momenten dieser Platte denkt man aber auch an die fast vergessene Band Mother's Finest.
Über seine drei jungen Studio- und Bühnen-Kolleginnen - die US-amerikanische Schlagzeugerin Hannah Ford, die kanadische Gitarristin Donna Grantis und Bassistin Ida Nielsen aus Dänemark - schwärmt der Meister in höchsten Tönen (und vergisst auch sich selbst nicht): „Ich bin schon eine Legende. Jetzt wird es Zeit, dass sie eine Legende werden“, sagte Prince über 3rd Eye Girl in einem seiner seltenen Interviews der Heimatzeitung „Star Tribune“. Im „Rolling Stone“ lobte er: „Niemand kann spielen wie diese Band.“
Große Worte aus dem Munde eines Musikers, der mit The Revolution und New Power Generation schon virtuose Bands hinter sich hatte. Jüngste Live-Eindrücke scheinen die hohe Einschätzung von 3rd Eye Girl zu bestätigen. Bleibt zu hoffen, dass Prince, der rund 100 Millionen Tonträger verkauft haben soll (die meisten davon allerdings vor längerer Zeit), nun auch mit seinen Platten wieder die Kurve kriegt. Das Doppelpack „Art Official Age“ und „Plectrumelectrum“ ist erstmal nur ein - durchaus vielversprechender - Vorgeschmack.