Folk: Mystic Valley Band - Beschwörer des Selbstzweifels
Conor Oberst ist zurück: Diesmal nicht mit seinem Projekt Bright Eyes, sondern mit der Mystic Valley Band. Angeblich sind die Musiker jetzt der Star – das ist allerdings dummes Zeug.
Düsseldorf. Man könnte es kurz machen: Conor Oberst war im Studio und hat eine neue Platte aufgenommen. Sein zweites Album mit der Mystic Valley Band, nett zu hören, ein bisschen unambitioniert vielleicht.
"Outer South" heißt es. Das leicht prollige Cover sieht aus wie der feuchte Rock’n’Roll-Traum eines 15-Jährigen, der gerade erst Gitarre lernt. Basta, mehr gibt’s nicht zu sagen.
Ganz so einfach ist es nicht. Jede Plattenfirma, die ein neues Album am Start hat, lässt sich zur Veröffentlichung ein gefälliges Histörchen einfallen, in das sie die Musik verpackt.
Gerne sind das Erweckungserlebnisse, mal durch Gott, mal durch Barack Obama, Drogenge- oder -missbrauch, Todesfälle oder Unbehagen die Welt betreffend, gehören zur Klaviatur der gängigen Legendenbildungen.
Die entsprechende Anekdote zu Obersts neuem Album haben sich die Promo-Texter so ausgedacht: Im Januar 2008 fährt das in die Jahre (29!) gekommene und von Alkohol gesteuerten Starallüren geläuterte Wunderkind ins südliche Mexiko, um im Wüstenkaff Tepoztlán ein Album aufzunehmen. Um sich scharrt er eine Handvoll befreundeter Musiker, mit denen er die Songs einspielt.
Anschließend geht’s auf große Fahrt, fast anderthalb Jahre lang touren Conor und die Mystic Valley Band, benannt nach der Villa "Valle Mistico", in der die CD aufgenommen wurde, durch die Welt. Dabei entstehen etliche neue Songs - nicht nur von Oberst.
Auch Jason Boesel, Nik Freitas und Taylor Hollingsworth komponieren fleißig. 16Songs landen auf "Outer South". Holzhammer-Botschaft: Die Band ist jetzt der Star. Auch hier gibt’s nicht mehr zu sagen!
Außer vielleicht, dass die Geschichte, ein verwackeltes Roadmovie, so nicht stimmt. Die Mystic Valley Band ist, wie bei Oberst nicht anders zu erwarten, mitnichten der Star, bestenfalls Beiwerk, das um den Propheten des Selbstzweifels trudelt wie eine flügellahme Motte um eine zerdötschte Deckenfunzel.
Das war bei den sechs Alben des Ein-Mann-Projekts Bright Eyes schon so, aus dessen Studiomusikern sich seine neue Band ohnehin zu weiten Teilen rekrutiert. Das war auch bei allen anderen Bands so, in denen er gespielt hat.
Auf "Outer South", nur an der Oberfläche positiv gestimmt, singt er von Einsamkeit, Selbsthass, zelebriert Weltverlorenheit und liefert wieder einmal den Soundtrack für die Untiefen der Pubertät, für die Unverstandenen und Wütenden.
Diesmal irritierend beschwingt, ohne apokalyptische Schwarzseherei, aber mit tiefer Einsicht in seinen Dämon, den unbesiegbaren Ungeist, der ihn Musik am laufenden Band produzieren lässt. Die Band braucht der Multi-Instrumentalist dazu nicht.
Es ist schnurzegal, wer ihn begleitet - Oberst ist und bleibt der Mittelpunkt. "That’s the thing about charisma it makes everyone believe heißt es auf "Outer South": Charisma macht den Unterschied, es lässt die Leute glauben. An was auch immer.
Vielleicht an die Geschichte der Band. Wohl eher nicht. Aber ganz sicher daran, dass Conor Oberst ein ganz Großer ist. Es heißt, er habe ohnehin keine Lust mehr auf den Namen Bright Eyes gehabt. Auch das wäre eine Geschichte. Zum nächsten Album.