Gegen Trump und mit Gefühl Fury in the Slaughterhouse ist zurück
Hannover (dpa) - Keine Vorgruppe, keine Gäste, stattdessen gut zweieinhalb Stunden Fury in the Slaughterhouse pur: Zum 30-jährigen Bandjubiläum setzen die Wingenfelder-Brüder und ihre Kollegen ganz auf die Kraft der eigenen Songs.
Material ist genug da, gehört Fury mit mehr als vier Millionen verkauften CDs doch zu den erfolgreichsten deutschen Bands der 1990er Jahre. 2008 löste Fury sich auf, weil die Mitglieder musikalisch nicht mehr miteinander konnten. Jetzt ist der Spaß zurück, sechs neue Stücke sind entstanden und bei der Party zum 30. Geburtstag ist die Tui-Arena in Hannover an drei aufeinanderfolgenden Abenden ausverkauft.
Die meisten der 11 500 Zuschauer bei der Premiere am Freitag sind über 40, sie haben die rasante Karriere der WG-Freunde aus Hannover seit 1987 miterlebt: Zunächst nur ein Geheimtipp, der sich dann eine Fangemeinde in ganz Deutschland erspielte. Keine Popstar-Darsteller, sondern richtig gute Musiker, die sogar in den USA Erfolg hatten und dort witzigerweise als „beste irische Band seit U2“ angekündigt wurden.
Zum Anfang der Show verbirgt ein Vorhang die Bühne, auf den Fotos und wackelige Filmaufnahmen der Anfangszeit projiziert werden. Aber das ist es fast auch schon mit der Nostalgie. Fury blickt nicht nur zurück. Beim gemeinsamen Proben in den vergangenen Wochen - zunächst wie früher im Bandkeller eines Kulturzentrums - haben die Musiker überraschend Aktuelles in ihren Songs der 90er entdeckt. So flimmern zu „Every generation got its own disease“ Bilder von Donald Trump („Für uns König der Affen“), Marine Le Pen und anderen Populisten auf der riesigen Videowand.
Die sechs „Furies“ Kai und Thorsten Wingenfelder, Christof Stein-Schneider, Gero Drnek, Christian Decker und Rainer Schumann sind seit jeher echte Rock 'n' Roller. Auf der neuen Best-of-CD-Box „30“ sowie der Sommertour gibt Pedal-Steel-Gitarrist Martin Huch dem bandtypischen Gitarrensound eine weitere besondere Note. Es gibt Punk-, Funk- und Folk-Einflüsse - das Spektrum der Band mit dem komischen Namen ist breit.
Ein Geheimnis des Erfolges ist wohl Furys emotionales Songwriting, die Titel eignen sich bestens zum Soundtrack für das eigene Leben. So darf etwa „Won't forget these days“ bei keiner Abi-Party fehlen. Aber auch für Liebeserklärungen ist Passendes dabei. So kündigt Thorsten Wingenfelder einen Heiratsantrag im Publikum an - das Paar habe sich vor fast 30 Jahren auf einem Fury-Konzert kennengelernt, aus den Augen verloren und 2014 wiedergetroffen.
Kai Wingenfelder, der sich vor dem Revival-Konzert vor einer Erkältung fürchtete, erzeugt mit seiner markanten Stimme magische Momente, die Ballade „Seconds to fall“ als allerletzte Zugabe geht unter die Haut. Am Ende verlassen die Musiker strahlend die Bühne, und auch viele Zuschauer gehen mit glänzenden Augen nach Hause. Silke aus Bremen ist wie ihre Freundin total begeistert. Sie hofft, dass es bis zum nächsten „Klassentreffen“ nicht wieder so lange dauert. „Es war heute so, als wenn sie sich nie getrennt hätten“, sagt die 45-Jährige, die seit 25 Jahren Fury-Fan ist.