Gut gebrüllt, Greg: The Afghan Whigs in Berlin

Berlin (dpa) - Wohl kein Sänger außerhalb der Metal-Szene brüllt und kreischt so schön wie Greg Dulli von The Afghan Whigs. Das Berliner Comeback-Konzert seiner stilprägenden Soul/Grunge-Band liefert über fast zwei Stunden den beeindruckenden Beweis.

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16 Jahre nach dem vermeintlichen Karriere-Schlusspunkt „1965“ hatten die Afghan Whigs in diesem Frühjahr ein überraschendes Lebenszeichen von sich gegeben - mit einem Dulli in Höchstform und tollen neuen Songs, die dem Band-Mythos keinen Schaden zufügten, im Gegenteil. „Do To The Beast“ (Sub Pop/Cargo) war wieder ein meisterhaftes Album dieser aus dem US-Bundesstaat Ohio stammenden Truppe, mit Gitarrenkrach, Punk-Rotzigkeit und fiebrigem Soul.

Ob sich dieses explosive Gebräu von einer inzwischen sichtbar gealterten Band - teilweise Originalmitglieder von 1988 - auch live anrichten lässt? Einige hundert Fans im Berliner C-Club waren am Mittwochabend gespannt, manche auch wohl skeptisch. Die Zweifel verflogen, sobald Dullis fünf Mitstreiter schon mit dem Auftaktsong ihre typisch schwitzige Mixtur anrührten, der Sänger losröhrte und losgreinte wie ein Hybrid aus Roger Daltrey und Robert Plant.

Dass es auch in den aktuellen Songs der Afghan Whigs irgendwie immer um Sex geht, um verbotene Gelüste und verrufene Orte, machte schon die meist schummrig-rote Bühnenbeleuchtung im C-Club klar. Dulli, der bis auf einen Ausflug zum Klavier stets eine von gleich drei donnernden, grollenden E-Gitarren bediente, war mit seinem Macho-Gesang unangefochtener Mittelpunkt der Show. Die Energie, die von diesem inzwischen nicht mehr ganz ranken Hünen ausgeht, ließ auch 28 Jahre nach Gründung der Afghan Whigs die Luft knistern.

Songs aus fast allen Alben der Band-Historie - mit einem Schwerpunkt bei „Do To The Beast“ - bildeten das Repertoire des umjubelten Berliner Auftritts. Am Ende baute Dulli sogar noch eine Verbeugung vor „Getting Better“ von den Beatles ein und berührte mit einer wunderbaren Hommage an den kürzlich gestorbenen Bobby Womack: Die brodelnde Whigs-Version von „Across 110th Street“ bewies endgültig, dass für diese weiße US-Gitarrenrock-Band das Erbe der schwarzen Soul- und Funkmusik essenziell bleibt.

Ein weitere Möglichkeit, The Afghan Whigs live zu sehen, bietet am 12. Juli das Rüsselsheimer Phono Pop Festival.