Haydns „Schöpfung“ mit Breakdance
Berlin (dpa) - Breakdance vor dem Altar: Der für seine ungewöhnlichen Inszenierungen bekannte Opernregisseur Christoph Hagel hat den ehrwürdigen Berliner Dom mit Haydns „Schöpfung“ in ein fetziges Tanztheater verwandelt.
Auf den Tag genau 213 Jahre nach der Uraufführung des großen Oratoriums interpretierte Hagel am Samstag die biblische Schöpfungsgeschichte mit Ballett, Straßentanz, Akrobatik und Lichtprojektionen für den Zeitgeist neu - ein opulentes Spektakel mit wunderbarer Musik und manch überflüssigem Klimbim. Das Publikum war begeistert.
„Ich höre bei Haydn die Freude am Leben, die Freude am Menschsein und die Freude an einem neuen Denken“, sagt der 1959 in Baden-Württemberg geborene Hagel. „Es ist die pure Freude am Sein.“ Und so taucht der Regisseur den riesigen Kuppeldom lustvoll in ein Wechselspiel aus Licht und Schatten, Sonne und Finsternis, Leben und Tod. Zur (leider elektronisch verstärkten) Musik der Berliner Symphoniker und des Berliner Symphoniechors bricht am Schluss auch die große Sauer-Orgel mit ihren mehr als 7000 Pfeifen zu einem endzeitlichen Gewitter los.
Besonderen Beifall ernteten bei der Premiere die herausragenden Solosänger (allen voran der junge Tenor Kai-Ingo Rudolph als Erzengel Uriel) und die Breakdance-Akrobaten Khaled Chaabi („KC“) und Louis Becker. Mit dem vom Hip-Hop inspirierten Straßentanz hatte Hagel schon im vergangenen Jahr bei seinem Projekt „Flying Bach“ für Furore gesorgt, das ihm den Echo Klassik Sonderpreis eintrug. Weitere aufsehenerregende Inszenierungen lieferte er etwa mit „Don Giovanni“ im Berliner Techno-Tempel E-Werk, „Apollo und Hyacinth“ im Bode-Museum und Mozarts „Zauberflöte“ im neuen U-Bahnhof am Bundestag.
Beeindruckende Bilder in seiner Schöpfungsgeschichte im Berliner Dom liefert besonders die Erschaffung der Elemente: Buchstäblich scheint der Regen in großen Tropfen von den grauen Kirchenwänden zu rinnen. Und während der Mond erstmals hinter der Videoleinwand am Altar aufgeht, lassen weiß gekleidete Tanzkinder riesige weiße Luftballons durch den Raum schweben.
Auf die lebende Schlange dagegen, die sich Adam und Eva in ihrer Verführungsszene um den Hals winden, und eine eher skurrile Affen-Neandertaler-Pantomime hätte mancher Zuschauer vielleicht lieber verzichtet. „Die Schöpfung“, so Hagel, sei für ihn vor allem eine Ode an die Freiheit des Geistes.