Judith Holofernes mit Solo-CD: „Wir verstehen uns toll“

Judith Holofernes über das Ende der Band Wir sind Helden, ihre nichtsnutzige Auszeit — und darüber, was ihr das Schreiben von Liedern bedeutet.

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Düsseldorf. Mit Wir sind Helden verkündete 2012 eine der erfolgreichsten deutschen Bands der vergangenen Jahre ihr Aus — „bis auf Weiteres“. Jetzt hat Frontfrau Judith Holofernes eine Soloplatte aufgenommen. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt sie, warum sie der Musik den Rücken kehrte — und warum es ihr Album „Ein leichtes Schwert“ trotzdem gibt.

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Frau Holofernes, wie geht es Ihnen?
Judith Holofernes: Sehr gut. Ich trabe auf einen kleinen Urlaub zu.

Und dann können Sie endlich wieder jener faule „Nichtsnutz“ sein, den Sie auf Ihrem neuen Album besingen und der Sie zuletzt wohl eher nicht waren?
Holofernes: Oh, ich war zuletzt durchaus sehr viel nichtsnutziger als zu Helden-Zeiten. Aber ich war eben auch produktiv. Für mich schließen sich Müßiggang und Produktivität nicht aus. Man muss auch mal loslassen können, wenn der Akku leer ist.

Das sagt sich als Künstlerin so leicht . . .
Holofernes: Natürlich kann ich mir mein Leben einfacher strukturieren als andere. Aber ich denke schon, dass man der Gesellschaft einen Gefallen tun würde, wenn man dieses, so nenne ich es, anfallartige Arbeiten mehr pflegen würde. Wenn es einem im Büro keiner übel nimmt, dass man mal in den Mittagsschlafraum geht — um hinterher umso konsequenter weiterzumachen.

Inwiefern war die Arbeit an Ihrem Soloalbum anfallartig?
Holofernes: Nach den Helden hatte ich ja erst einmal eine Auszeit. Aber dann habe ich wieder mehr Musik gehört. Und dadurch ist die Leidenschaft plötzlich wieder entflammt.

So viel also zum Thema Auszeit . . .
Holofernes: Doch, doch. Ich bin wirklich zur Ruhe gekommen. Ich war nämlich schlau genug, niemandem zu sagen, dass ich wieder an Songs arbeite. Plötzlich hatte ich dann sieben Stücke fertig und merkte: Aha! Ich mache anscheinend wieder ein Album — aber in meinem Tempo.

Trotzdem muss da ja eine Sehnsucht gewesen sein, lieber wieder musikalisch aktiv zu werden anstatt zu pausieren.
Holofernes: Wenn ich tatsächlich etwas vermisst habe in den letzten Jahren mit der Band, dann den Umstand, dass ich kaum mehr zum Schreiben kam. Ich bin aber ein Mensch, der regelmäßig schreiben muss, um das Gefühl zu haben, ein gutes Leben zu haben.

Und wie haben Sie dieses erneute Schreiben vor Ihrem Gatten, dem Ex-Band-Kollegen Pola Roy, geheim gehalten?
Holofernes: Der wusste natürlich Bescheid. Aber er war mit eigenen Projekten beschäftigt. Er hatte keinen Kopf dafür, sich noch um andere Musik zu kümmern. Und das war toll. Dadurch war ich gezwungen, alles selbst zu machen. Erst später, im Studio, hat er mir geholfen.

Was auffällt: Das letzte Helden-Album „Bring mich nach Hause“ war geradezu depressiv. Man hört das Ende der Band quasi heraus. Was brachte Sie dazu, das Kapitel Wir sind Helden zu beenden?
Holofernes
: Das Album war tatsächlich sehr real und zeigte, wie es mir damals ging — schlecht. Denn wie gesagt: Das, was mir am wichtigsten ist, kam zu kurz, das Schreiben von Musik. Wenn eine Band so erfolgreich ist wie die Helden, dann ist man damit beschäftigt, die aktuelle Platte spazierenzutragen und zu touren. Hinzu kamen meine Kinder. Kinder sind ja immer da. Die sind immer „an“. Das war alles zu viel.

Haben Ihnen die Band-Kollegen das Ende übel genommen?
Holofernes
: Im Gegenteil. Das geschah einvernehmlich. Pola hat das schön in Worte gefasst. Er sagte: Das passt absolut zu dir, dass du so ehrlich über deine Gefühle singst. Aber es würde nicht zu dir passen, wenn du daraus keine Schlüsse ziehst. Soll heißen: Du kannst nicht so eine Platte machen und danach alles so lassen, wie es ist.

Wird es Wir sind Helden trotzdem wieder geben?
Holofernes: Wir verstehen uns toll. Wir haben eine Geschichte, die uns verbindet. Da kann man sich vorstellen, wie weh es tat, loszulassen. Deshalb wäre es auch zu hart gewesen zu sagen: Wir machen für immer Schluss. Aber, ganz ehrlich: Wir wissen nicht, ob wir das nochmal machen. Die Kinder bleiben ja auch noch ein paar Jahre klein . . .

Einige der neuen Songs handeln von Ihrem Nachwuchs.
Holofernes: Genau. Und auch, wenn das manche belächeln: Ich finde es Rock’n’Roll, wenn man über seine Kinder singt.