Marterias Revolution nach den „Lila Wolken“

Berlin (dpa) - Mit „Lila Wolken“ hat er „den Himmel gekauft“ - und selbst im Supermarkt wird Marteria manchmal noch von seinem Nummer-Eins-Hit verfolgt.

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„Wenn eine 45-Jährige dir an der Rewe-Kasse eine Strophe vorrappt, während du zwei Pampelmusen kaufst - da merkt man, dass es im Mainstream ankommen ist“, berichtet der Rapper lachend über seinen bislang größten Single-Erfolg.

Entspannt sitzt der 31-Jährige auf der vorderen Kante des roten Ledersessels in einem Berliner Hotel, längst spielen die Radios „Kids“ aus seinem sechsten Album „Zum Glück in die Zukunft II“. Der Falle, „der von Lila Wolken“ zu bleiben, entkommt der Musiker mit Leichtigkeit.

Ob er ironisch die (vermeintliche) neue Spießigkeit seiner Generation thematisiert („Kids“), „das Aufständische, Revolutionäre“ mit plakativen Worten in „Bengalische Tiger“ beschwört oder der Stadt seiner Jugend eine Hymne widmet („Mein Rostock“): Marteria überzeugt mit seiner dunklen Bass-Stimme und gibt sich dabei politisch wie selten zuvor.

„Ein Künstler kann immer sagen, ich mache Musik und das ist meine Ausdrucksweise. Oder du gehst selber auf die Straße und engagierst dich für Sachen, die dir wichtig sind“, erläutert Marteria, der sich unter anderem für die Hilfsorganisation Viva con Agua einsetzt. „Es geht darum, dass du mit der Kohle etwas Vernünftiges machst. Ich will mir keinen Benz kaufen.“

Aufgewachsen in einer „roten Familie“ wird Martin Laciny, so Marterias bürgerlicher Name, in seiner Kindheit auch durch den Anschlag auf Einrichtungen für Asylbewerber im nahen Stadtteil Lichtenhagen sozialisiert. „Das war ein Grund, dass meine Mutter uns gepackt hat und weggezogen ist nach Warnemünde“, erinnert sich Marteria mehr als 20 Jahre später. „Es war brenzlig und heiß in den Blocks. Es gab da die Linken, da die Nazis, da gab es tierisch auf die Fresse, den ganzen Tag.“

Selbst als er nach seiner ersten Karriere im Rampenlicht als Fußballer, die ihn bis in die Junioren-Nationalmannschaft von Horst Hrubesch führt, für eine Model-Karriere als 18-Jähriger nach New York geht, wird er dort auf Rostock und die Angriffe angesprochen. „Das Image hast du - du musst versuchen, gerade als ein Hip-Hop-Künstler, der ein bisschen vorangeht, es zu nutzen, Rostocker zu sein, um das Wort Rostock so oft es geht zu sagen und es nicht zu verschweigen.“

Noch heute führt den Wahl-Kreuzberger sein Weg häufig in die alte Heimat, er verbringt im jüngst erworbenen Häuschen an der Müritz „jede freie Minute“ beim Angeln, das für ihn „das Geilste auf der Welt“ ist. Als Fan begleitet er den Drittligisten Hansa Rostock selbst auf Auswärtsreisen. Bei seiner Argumentation für den friedlichen Einsatz von Pyrotechnik blitzen die tiefen, blauen Augen.

Mit seiner Popularität und dem Kauf von Bandenwerbung versucht er seinen - finanziell angeschlagenen - Club zu unterstützen. Auch in seinem musikalischen Genre schrieb ihm die „taz“ noch 2011 die „Retter“-Rolle zu. Inzwischen braucht der deutsche Hip-Hop ihn angesichts des aktuellen Booms in dieser Vorreiterposition nicht mehr.

Und doch kann das Multitalent, das als sein Alter Ego „Marsimoto“ drei Platten veröffentlicht hat, einen gewissen Stolz auf einen der wenigen Platin-Singleerfolge im deutschen Sprechgesang nicht verhehlen. „Du hast im Endeffekt - es klingt bescheuert - den Himmel gekauft“, meint Marteria über den gemeinsamen Track mit Miss Platnum und Yasha aus dem Jahr 2012. „Wenn Leute in Deutschland abends in den Himmel gucken, und es wird lila - dann denken sie an dieses Lied.“

Tourneedaten: 06.03. Rostock - Stadthalle; 07.03. Dresden - Alter Schlachthof; 08.03. Magdeburg - Stadthalle; 09.03. München - Tonhalle; 11.03. Wien - Arena; 12.03. Zürich - Komplex; 14.03. Stuttgart - Porsche Arena; 15.03. Frankfurt a.M. - Hugenottenhalle; 16.03. Köln - Palladium; 18.03. Hamburg - Sporthalle; 10.04. Erfurt - Stadtgarten; 11.04. Hannover - Capitol; 12.04. Berlin - Max-Schmeling-Halle