Porträt Vom Fußballtraum zum Bühnenerfolg: Moritz Klaus begeistert am Düsseldorfer Schauspielhaus
Düsseldorf · „Ich bin spielerisch mit dem Schauspiel aufgewachsen“: Moritz Klaus überzeugt nicht nur auf Kino-Leinwand und Mattscheibe („Im Westen nichts Neues“), sondern auch auf der Bühne im DHaus.
Der kölsche Dialekt hat ihm geholfen. Er war ein Türöffner für das Fernsehen. Schon als Siebenjähriger ergatterte Moritz Klaus seine erste Filmrolle, weil er die Kölner Mundart beherrschte. Seit dem Fernsehfilm „Teufelsbraten“ an der Seite von Ulrich Noethen stand Moritz Klaus regelmäßig vor der Kamera. „Ich bin spielerisch damit aufgewachsen“, sagt er heute. Die Drehtermine mussten aber, erinnert er sich, stets neben dem Gymnasium laufen. Klar und ohne Schnörkel spricht er. Natürlich, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Auch im Interview. Seine sympathische Offenheit und sein jugendliches Aussehen mit bald 26 Jahren überzeugen namhafte Regisseure und Zuschauer.
So springt, rennt und turnt er etwa mit roter Wollmütze als Pennäler Emil Tischbein in Kästners Jugendstück „Emil und die Detektive“ genauso sportlich locker über Tische und Bänke wie in den bewegungsreichen, gespenstischen Szenen in „Moby Dick“. Und das auf der großen Bühne im Düsseldorfer Schauspielhaus. Dass ihn Regisseur Robert Wilson für die Rolle des Harpuniers Tashtego ausgesucht hat, macht ihn stolz. Er habe viel gelernt in der Arbeit mit Wilson.
Als Emil steht er in insgesamt 39 Vorstellungen auf der Bühne. Stets vor ausverkauftem Haus. Die reinen Schulvorstellungen ab 12 Uhr verlangen von ihm und seinen Mitspielern mehr Konzentration und Improvisationstalent als sonst. Kinder kommentieren häufig die Handlungen – wenn der Taschendieb Herr Grundeis seine Beute versteckt, rufen sie spontan dazwischen und geben den Darstellern aufgeregt Tipps bei der Verbrecherjagd. „Wir auf der Bühne lassen Platz für die Spontaneität der Kinder, müssen aber die Zügel in der Hand halten“, sagt Klaus. Dass ihnen das gelingt, beweist der Jubel am Ende der Vorstellung.
Seinen ersten internationalen Erfolg feierte Klaus mit der Rolle als Soldat Franz Müller in der Verfilmung von „Im Westen nichts Neues“. Neben Top-Stars wie Daniel Brühl und Devid Striesow. Für sich persönlich hängt Moritz Klaus den Ruhm gleich niedriger. „Die vier Oscars gewann keiner der Schauspieler“, sondern die Gesamtproduktion von Edward Berger (Ton, Bild, Musik etc.) als bester fremdsprachiger Film. Bei der Party in Hollywood sei er daher nicht dabei gewesen. Das passt zu Klaus, der mit Erfolgen vorsichtig zurückhaltend umgeht.
Spannend wird es, wenn er von den Dreharbeiten zu „Im Westen nichts Neues“ erzählt. Gedreht wurde in Tschechien, während der Corona-Zeit, genau während des harten Lockdowns im Frühjahr 2021. „Wir Schauspieler waren an dem riesigen Set (mit mehreren Hundert Komparsen) mit extremen äußeren Umständen konfrontiert. Drei Monate lang. Wir haben viel zusammen erlebt und Gespräche geführt.“
Trotz Präsenz auf Kino-Leinwand und Mattscheibe, schaffte Moritz Klaus den Weg zum Theater. Das lag, wie bei vielen Jung-Mimen, am Theaterspielen im Literaturkurs an seiner Schule. Bei der Aufführung von „Doktor Jekyll und Mister Hyde“ machte es klick. Und ihm war klar, dass Schauspielkunst mehr und herausfordernder sein kann, als vor der Kamera zu stehen. Und so bestand er – nach dem Abi – die Aufnahme-Prüfung an der Leipziger Hochschule. Und kam durch Leipzigs Vertrag mit dem Düsseldorfer Schauspielhaus als sozusagen Schauspiel-Referendar an eines der größten Häuser der Republik. Seit knapp zwei Jahren gehört er fest zum Ensemble, ist in ganz verschiedenen Inszenierungen zu sehen. „Ausgerechnet Düsseldorf. Ich als leidenschaftlicher Effzeh-Fan.“ Das sei eine Alternative gewesen: „Als Junge wollte ich Profi-Fußballer werden.“ Doch gepackt hat ihn das Theater. Das spürt man auch in der Dostojewski-Bearbeitung von „Schuld und Sühne“, in „Macbeth“ und in aktuellen Stücken wie „Mindset“ oder „Arbeit und Struktur“ von Wolfgang Herrndorf. Es sind für ihn „tolle Stoffe“. Er sei dankbar, so viele verschiedene Regie-Handschriften und Themen kennenzulernen.
Konsequent hat sich der Mime in diesen Jahren, zunächst bis zum Jahr 2026, für die Arbeit am Schauspielhaus entschieden. Und hat zugunsten dieser Theaterarbeit attraktive Angebote (aus TV und Film) abgelehnt. „Keine anstehenden Projekte derzeit“, sagt er nüchtern. Wie er glaubhaft selbst in eine Kinderrolle schlüpfen kann, beweist Moritz Klaus als Emil, der sich, im Erich-Kästner-Roman, im Berlin der 1930er Jahre auf Verbrecherjagd begibt. „Wir alle spielen Kinder. Und spielen wie in anderen Rollen.“ Sicherlich eine außergewöhnliche Erfahrung für ihn, zumal das 75-Minuten-Familienstück in den Abendvorstellungen auch Erwachsene begeistert.
In ferner Zukunft wird der Schauspieler sicherlich wieder Dreh-Termine annehmen, am liebsten in fernen Ländern. So träumt auch er, wie viele in seinem Alter, von einer großen Filmrolle. Aber zunächst möchte er noch auf der Bühne stehen, unter anderem in Stücken von Bertolt Brecht. Und Klaus hofft, dass er mit Robert Wilson und dem „Moby-Dick“-Stück – ein Publikums-Magnet, das Wochen vorher ausverkauft ist – auf große Tournee geht. Wenn es nach ihm geht, „möglichst weit weg“. Verhandlungen mit dem Theaterchef laufen, wie man hört. Aber wohin, das ist geheim. Noch.
Termine und Karten unter Düsseldorfer Schauspielhaus unter Telefon 0211/ 36 99 11.