DÜSSELDORF Junge Trompeterin mit Bodenhaftung

DÜSSELDORF · Mit der Trompete hat sich Lucienne Renaudin Vary in die Klassik Charts hochgespielt und bereits 2021 den Opus Klassik als Nachwuchskünstlerin gewonnen. Obwohl sie ihr Blasinstrument auch gerne im Jazz oder in der gehobenen Unterhaltungsmusik einsetzt.

Lucienne Renaudin Vary begeisterte in der Düsseldorfer Tonhalle.

Foto: Heinersdorff/Christian Palm

Zusammen mit dem Orchestre de Chambre de Paris spielt sie nicht nur ihre Alben ein, sondern tourt derzeit durch Europa. Kostproben ihres Könnens gab sie beim Heinersdorff-Meisterkonzert, nachdem sie in der gut besuchten Tonhalle in Düsseldorf mit Bravorufen gefeiert wurde.

Die jugendlich wirkende Musikerin (25) beweist, dass die Trompete nicht nur kräftig gebaute Männer beherrschen. Neben einer fabelhaft sicheren Atem-Technik, Kraft und Durchhaltevermögen pflegt Lucienne ein besonderes Markenzeichen: Sie tritt barfuß auf wie einst die exzentrische Geigerin Patricia Kopatchinskaja. Sie wolle „geerdet“ sein, um die sportlichen Anforderungen des Instruments besser zu meistern. Wie sie Bodenhaftung bewahrt, demonstriert sie beim wohl meist gespielten Trompetenkonzert in Es-Dur von Johann Nepomuk Hummel. Vor dem ersten Einsatz tänzeln ihre Füße auf dem Podium-Parkettboden. Erstaunlich, wie leicht und geschmeidig es klingt, wenn sie elegische Motive zelebriert. Besonders im langsamen Andante meint man, Lucienne singe mit der Trompete die eingängige, sich schlängelnde Melodie. Bevor sie dann im finalen Allegro in einem rasanten Tempo und voller Vitalität die Töne nur so dahintupft und ihr Publikum mit weichen, runden Spitzentönen verwöhnt.

Wie sakraler Gesang klingt das Trompeten-Arrangement der Bach-Arie „Erbarme Dich Gott“. Stilsicher und voller romantischer Gefühligkeit wirkt dann Luciennes Interpretation von Dvoraks zweitem Slawischem Tanz. Mit Pfiff, Hintersinn und Schwung bietet sie mit Fritz Kreislers „Kleinem wienerischen Marsch“ schmissige Unterhaltung.

Begleitet wird sie vom Pariser Kammerorchester, das seinen ansteckend lebendigen Sound in der Tonhalle ausbreitet. Geleitet am ersten Pult von der Geigerin Deborah Nemtanu, liefern Holz- und Blechbläser-Gruppen wie auch die gesamten Streicher ein Bouquet von ungemein frischen Farben. Sie sind in den Trompeten-Stücken weit mehr als zierendes Beiwerk, das die Solistin stimuliert. Ihre wahre Klasse bewiesen die überwiegend jungen Musiker aus Paris mit Nachdruck in ihrem Rahmenprogramm: In Mozarts „Pariser Sinfonie“ überzeugen sie mit Eleganz, Noblesse, aber auch kühler Distanz. Sie musizieren auf Linie, ganz perfekt, und setzen dynamische Akzente und sich steigerndes Tempo.

Tänzerisch und brillant auch das Kammer-Orchester-Arrangement von Tschaikowskys „Nussknacker-Suite“. Mit viel Gefühl und Stil präsentieren sie die Tänze, mit denen die junge Dirigentin Debroah Nemtanu und ihr Kammerorchester mehr als nur eine exquisite Visitenkarte überreichen.