80. Geburtstag Klaus Doldinger — der Pionier des Crossover
Ob die Musiklegende nachts das Saxofon aus der Hand legt, das weiß nur seine Frau. Fotos von ihm ohne sein Instrument sind eine Rarität. Donnerstag wird der Jazzer 80 Jahre alt.
Düsseldorf. Als der kleine Klaus mit elf Jahren am wuchtigen Flügel des Düsseldorfer Robert-Schumann-Konservatoriums saß, existierte das Wort Crossover noch gar nicht. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war klar, dass der begabte Knirps mit seinem Sonderstipendium eine Klassik-Karriere in den Konzertsälen anstreben würde. Auch Klaus Doldinger hat das Wort Crossover nicht erfunden. Aber er hat die musikalischen Brücken gebaut, um die Grenzen zwischen E- und U-Musik einzureißen. Vor allem in den 60er und 70er Jahren war der Jubilar richtungsweisend, als Jazz und Rock verschmolzen, er entdeckte mit afrikanischen Künstlern die Weltmusik. Und zwischen-durch darf es auch mal Schmuse-Pop sein, etwa wenn Doldinger mit Max Mutzke, einem seiner Lieblingsgastmusiker, „Can’t wait until tonight“ zelebriert. Mit Saxofon-Solo natürlich. Das könnte auch heute Abend in der Düsseldorfer Tonhalle wieder so sein, wenn Klaus Doldinger seinen 80. Geburtstag mit Überraschungsgästen auf der Bühne feiert.
Dass der Saxofon-Artist seine Geburtstagsparty in Düsseldorf feiert, ist kein Zufall. Nachdem die Kriegswirren den gebürtigen Berliner, der heute in Bayern lebt, an den Rhein verschlagen hatten, legte er hier den Grundstein für seine internationale Karriere. Jazz am Konservatorium zu spielen, war zu der Zeit undenkbar.“
Doch im Hinterzimmer eines Musikhauses hörten Klaus und seine Freunde heimlich die neuesten Jazz-Platten aus den USA von Glenn Miller bis zu Woody Herman. 1953 gründete Doldinger die „Feetwarmers“, die erste deutsche Dixieland-Band. Doch das reichte dem experimentierfreudigen Musiker bald nicht mehr, er wollte auf der Bühne improvisieren und war vom Modern Jazz fasziniert.
Mit der Gründung von „Passport“ 1972 begann für Doldinger eine neue Ära. Gemeinsam mit dem jungen Udo Lindenberg, der auch auf der ersten Platte trommelt, entwickelte der Jubilar ein neues Konzept. Zwar blieb die Stammbesetzung oft viele Jahre lang gleich, aber immer wieder wurden musikalische Gäste ins Programm integriert. Lindenberg stieg übrigens nach der ersten Platte aus, weil er doch lieber singen wollte. Doch ab und zu setzt er sich zu besonderen Anlässen noch einmal bei „Passport“ hinters Schlagzeug. Ein solcher könnte heute Abend sein. „Passport“ beeinflusste nicht nur viele deutsche Musiker, die Band spielt bis heute Konzerte in der ganzen Welt.
Dann gibt es noch einen anderen Klaus Doldinger, den Komponisten, der an jedem Sonntagabend in vielen deutschen Wohnzimmern zu hören ist. Sein „Tatort“-Titelsong gehört zu den bekanntesten Melodien überhaupt. Für etliche Filme und Fernsehserien hat Doldinger die Musik geschrieben, darunter für „Das Boot“ und „Die unendliche Geschichte“. Teilweise hat er die Soundtracks auch in seine Konzertprogramme eingebaut — wenn er nicht doch lieber Lust hat, an dem Abend ein bisschen zu improvisieren.
Ein Phänomen ist der Jubilar ohnehin. Mit welcher Kraft und Energie Doldinger bis heute sein Instrument bedient, weiß nur zu würdigen, wer einmal versucht hat, einem Saxofon Töne zu entlocken. Das ist nämlich eine durchaus anstrengende Angelegenheit. Der Live-Musiker aus Leidenschaft schafft es, dass keins seiner Konzerte wie das andere ist, und hat bis heute die Lust an der Innovation nicht verloren. Bei der Düsseldorfer Jazz Rally, deren Schirmherr Doldinger seit 2003 ist, trat er vor einigen Jahren gemeinsamen mit einem Techno-DJ auf. Mehr Crossover geht nicht.
Das Geburtstagskonzert „Still Loud“ (etwa: immer noch laut) heute in der Düsseldorfer Tonhalle ist ausverkauft. Karten gibt es noch für das Zusatzkonzert morgen (20 Uhr).