Grelles „Rheingold“ Letzte Bayreuth-Saison für Castorfs „Ring“

Bayreuth (dpa) - Es ist das fünfte und letzte Jahr für den „Ring des Nibelungen“ in der Inszenierung von Regisseur Frank Castorf bei den Bayreuther Festspielen.

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Und es scheint, als habe sich das Publikum mit dessen schriller Version von Richard Wagners Mammutwerk arrangiert. Sänger, Musiker und Dirigent jedenfalls sind am Samstag nach der Premiere des „Rheingold“ stürmisch gefeiert worden. Am Pult stand wie schon im vergangenen Jahr Wagner-Experte Marek Janowski. Ihm gelang es erneut, angesichts der wilden, bildlastigen Inszenierung die Musik nicht zur Nebensache werden zu lassen.

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Die Szenerie auf der Bühne erinnert an ein Musical. Allein das ist für das überwiegend konservative Wagner-Publikum eine Provokation. Die Kulisse ist jedoch derart überladen, dass die Provokation sehr gewollt wirkt. Vielleicht auch das ein Grund, warum sich die Aufregung um Castorfs „Ring“ gelegt hat. Der „Werkzertrümmerer“ ist eben einmal mehr seinem Ruf gerecht geworden.

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„Das Rheingold“ erzählt vom Ringen um Liebe, Macht und Gold - letzteres vergleicht Castorf nach eigener Aussage mit dem Erdöl, und verlegt die Handlung wohl auch deshalb an eine Tankstelle. Weitere Bezüge zum Öl stellt er jedoch nicht her. Alberich klaut das von den Rheintöchtern bewachte Gold aus dem Pool. Von den Rheintöchtern verschmäht entsagt Alberich der Liebe und kann deshalb das Gold zu einem machtverleihenden Ring umschmieden. Gott Wotan macht sich auf, um Alberich den Ring zu entwenden - der verflucht das Schmuckstück. Urmutter Erda warnt vor der nahenden Götterdämmerung.

Das alles spielt sich ab in einem heruntergekommenen Motel und einer nicht weniger schäbigen Tankstelle im Stil der 60er Jahre an der Route 66 in den USA - interessanterweise mit einer Werbetafel für Internetanschluss. Die drei Rheintöchter sind prollig aufgedonnert und hüten das Gold in einem Pool. Der Nibelung Alberich und die Götter könnten auch als Mafiabosse oder Zuhälter durchgehen. Und die beiden Riesen Fasolt und Fafner kommen als miese Schlägertypen daher.

Das Ensemble entspricht fast vollständig dem des Vorjahres und wird völlig zur Recht gefeiert. Schließlich verlangt den Sängern nicht nur Richard Wagner musikalisch viel ab, sondern auch Castorf schauspielerisch. So singt Stephanie Houtzeel als Rheintochter Wellgunde planschend im Swimmingpool und Caroline Wenborne muss als Göttin Freia - warum auch immer - einen hautengen Latexanzug tragen.

In den Hauptrollen sind gewohnt souverän Iain Paterson (Wotan), Albert Dohmen (Alberich), Andreas Conrad (Mime) und Roberto Saccà (Loge) zu hören. Herausragend: die gefühlvolle Darbietung von Nadine Weissmann (Erda). Auch Alexandra Steiner, Wiebke Lehmkuhl und Stephanie Houtzeel als Rheintöchter und Markus Eiche als Donner überzeugen.

Dank Dirigent Janowski gerät die Musik bei all dem grellbunten Geschehen auf der Bühne nicht zur Nebenrolle. Das Orchester lässt den Rhein sprudeln und strömen, die Blechbläser sorgen für Höhepunkte und schließlich führt Janowski die Musiker zu einem kraftvollen, majestätischen Finale. Als sich der Vorhang schließt gibt es verdienten Beifall für die Sänger und den Altmeister am Pult.

Der Regisseur selbst wird sich wohl erst nach der „Götterdämmerung“ am Donnerstag dem Publikum zeigen. 2013 musste Frank Castorf da ein 15-minütiges, gellendes Pfeifkonzert über sich ergehen lassen. Man darf gespannt sein.

Die Bayreuther Festspiele dauern bis zum 28. August. Am Sonntag steht mit der „Walküre“ der zweite Teil des „Ring“ auf dem Spielplan.