Naked Lunch kommen, um Tage zu retten

Die Indieband aus Österreich spielt in Köln ein intimes Konzert.

Köln. Ein dicker Plattenvertrag, ein Videodreh in Brasilien, ein zerstörtes Hotelzimmer in London. Naked Lunch haben die Klaviatur des Geschäfts mit voller Intensität gespielt - und hätten sich dabei fast verloren. Die Platte "Love Junkies", die 1999 erschien, floppte. Die Band fiel tief. Sänger Oliver Welter landete für ein halbes Jahr auf der Straße.

Dass leben durchaus gesünder geht, sehen die rund 100 Zuhörer dem Sänger am Dienstagabend im Studio 672 bereits beim Betreten der Bühne an. Und die Band beginnt ihre intime Show mit einer Botschaft, die auch für die musikalische Neugeburt im Jahr 2004 steht: "Keep it hardcore, keep it real".

Standen die Österreicher vor dieser Zäsur für rauere Klänge, so spielen sie seitdem Pop für Fortgeschrittene. Das Stück "41" ist derart überfrachtet, dass selbst die Beach Boys Brian Wilson den Vogel gezeigt hätten.

Und doch: Welter und vor allem Bassist Herwig Zamernik finden in ihrem aufgedonnerten Sound immer wieder den Weg zur fast perfekten Hookline. Das ist kein Eingeständnis. Simple Höhepunkte sind Naked Lunch einfach zu billig. Das epische "In the dark" zum Beispiel, das live wunderbar kurzweilig wirkt, hat seinen größten Moment nach der Zeile "Now it comes to save our days" - wenn Welter haucht: <> "I watch you while you sleep."

Das Klanggewitter, das das Quartett mit rund 20 Litern Herzblut spielt, fesselt. "My lonely Boy" schrammeln Welter und Zamernik zuerst in den Himmel - um es dann rasant in den Boden zu lärmen. "The Sun", die erste Single der aktuellen Platte "All is fever", taumelt gefühlsbesoffen zwischen Melancholie und Euphorie.

So nachdurstig der Sänger an diesem Abend ist, so liebestrunken sind seine Zeilen in "Military of the heart". Der Hit, den Welter mit dem Zwinkern eines trockenen Auges Paul McCartney zuschreibt, verliert sich zwar in zu hoher Geschwindigkeit, findet aber dennoch die richtigen Ohren: "We don't need entertainment, we entertain ourselves." Mehr geht nicht.