Neues Album von Alison Goldfrapp: „Dieses Mal sollte es schlicht sein“

Melancholisch, mitunter dunkel sind die Songs und Geschichten auf „Tales of us“. Alison Goldfrapp über das neue Album, das gestern erschien.

Alison Goldfrapp (47) und Will Gregory (53), das Duo aus Bristol, das seit zwölf Jahren tanzbare Popmusik macht, hat mit „Tales of us“ nun ein sehr ruhiges, inniges Album aufgenommen.

Alison Goldfrapp, keines Ihrer Alben klingt wie das davor. Ist das beabsichtigt?

Alison Goldfrapp: Doch, schon. Wenn wir eine Formel hätten, nach der wir stets arbeiten, dann würde uns das nicht so viel Spaß machen. Weder Will noch ich haben Interesse daran, uns zu wiederholen. Wir probieren lieber unterschiedliche Dinge und Ansätze aus. Darum geht es schließlich, wenn man kreativ ist.

„Tales of us“ ist bereits die sechste Platte. Wird es nicht von Mal zu Mal schwieriger, noch kreatives Neuland zu betreten?

Goldfrapp: Es wird nicht einfacher, noch wirklich mit einem Album zu überraschen. Unser vorheriges, „Head First“, war sehr in Richtung Clubmusik und Disco und Glamour getrimmt. „Tales of us“ ist nun wieder die Gegenbewegung zum Dancefloor. Von seiner gesamten DNA erinnert mich die neue Platte am ehesten an unser Debüt „Felt Mountain“.

Wie würden Sie die DNA von „Tales of us“ aufschlüsseln?

Goldfrapp: Wir hatten die grobe Richtung des Albums bereits 2011, gegen Ende der „Head First“-Tournee, im Kopf. Wir wussten, wir wollten uns Zeit nehmen, nichts überstürzen und in Ruhe arbeiten. Und wir hatten eine klare Intention, was den Sound angeht.

Nämlich?

Goldfrapp: Dieses Mal sollte es schlicht sein, einfach, reduziert. Wir haben also geschaut, ob wir eine musikalische Spannung mit möglichst wenigen Elementen erreichen können.

Sie sind nicht zuletzt für Ihre mitunter exaltierten Bühnenkostüme bekannt. Wie werden Sie sich diesmal kleiden?

Goldfrapp: Auch schlicht. Generell mag ich gerade die Einfachheit in allen Lebensbereichen. Mein neuer Look ist klassisch. Auf dem Albumcover trage ich ein schwarzes Kleid; die Optik ist insgesamt eher düster gehalten, im Stil eines Film Noir. Alles an dieser Platte soll die Fantasie anregen, zweideutig und ein kleines bisschen verwirrend sein.

So wie immer also?

Goldfrapp (lacht): Okay. Sie haben recht. Wir haben es den Hörern nie einfach gemacht.

Abgesehen von „Stranger“ haben alle Songs Eigennamen. Sie heißen „Jo“, „Annabel“, „Drew“ und so weiter. Wie sehr versetzen Sie sich beim Texten und Singen in diese Charaktere und ihre Geschichten hinein?

Goldfrapp: Oh, ich sauge mich an diesen Menschen fest. Man sagt ja, dass Maler sich immer selbst malen — ganz egal, was das Bild in Wirklichkeit darstellt.

Manche Songs sind inhaltlich recht krass. „Simone“ handelt von einer Mutter, die ihre Tochter mit ihrem eigenen Liebhaber im Bett erwischt.

Goldfrapp (lacht): Heftig, nicht wahr?

Und in „Thea“ ermordet eineFrau zusammen mit dem Geliebten ihren Ehemann.

Goldfrapp: Anschließend sind die beiden dann ein Pärchen, das ist doch schön (schüttelt sich vor Lachen).

Die Filmemacherin Lisa Gunning hat fünf Kurzfilme zu fünf der neuen Songs gedreht, es soll insgesamt ein halbstündiges Werk daraus werden, das auch im Kino gezeigt werden soll. In welche Richtung gehen die Episoden?

Goldfrapp: In die dunkle Richtung, die geheimnisvolle. Ich habe Horrorgeschichten und Gruselfilme schon immer geliebt, Will mag die auch. Ich kann mich total in einer saftigen Schreckensgeschichte — Buch oder Film — verlieren.

Wäre es in Anbetracht der vielen Mörder-Stories auf dem neuen Album eigentlich angebracht, auch vor Alison Goldfrapp Angst zu haben?

Goldfrapp: Ich bin eine romantische Träumerin mit einer sehr lebhaften, manchmal abgründigen, bösen Fantasie. Spontan würde ich also sagen: „Ja, klar. Das kann nicht schaden.“ Aber diese Frage muss wirklich jeder für sich selbst beantworten.

Goldfrapp live: 21.10. Amsterdam, Paradiso 22.10. Brüssel, Ancienne Belgique 23.10. Berlin, Heimathafen