Paul McCartney entdeckt den Jazz
Ringo Starr bleibt sich treu — und klingt ziemlich beliebig.
Düsseldorf. Sie sind sich immer noch nah — die Ex-Beatles Paul McCartney und Ringo Starr. Binnen einer Woche legen beide neue Alben vor — mit unterschiedlichen Qualitäten. Den Anfang macht „Sir Paul“.
Die Eröffnung kommt wie eine Erklärung des gesamten Projekts daher: „I’m gonna sit right down and write myself a letter.“ McCartney singt den Klassiker des in den 40er Jahre verstorbenen Fats Wallers zerbrechlich wie sehnsüchtig — und gibt die ganze Stimmung für die CD vor, auf der er in Erinnerungen an die Frühzeit von Jazz und Pop schwelgt.
Lässige Schläge in die Gitarrensaiten, ein flott gezupfter Bass. Der Besen scharrt über die Snare-Drum. Aus dem Piano klingen Töne getupft. Und „Macca“ singt dazu. „Kisses in the Bottom“ (Hear Music/Concord Records) ist eine Hommage an persönliche Lieblingssongs — ein ganz besonderer Liebesbrief.
Dabei greift McCartney nicht auf Allerwelts-Klasssiker zurück, wie es zum Beispiel Rod Stewart mit seinen „American Songbooks“ getan hat. Es sind ausgewählte Perlen, von denen er für das eigene Komponieren gelernt habe, sagt er. Und so sind die beiden eigenen Songs „My Valentine“ und „Only our hearts“ im Geist der zwölf weiteren Lieder geschrieben, die er für das Album ausgesucht hat.
Unterstützt von Diana Kralls Band entsteht ein stimmiges Album, das von McCartneys Gesangsstil geprägt wird. Die Stimme ist älter, schwächelt in den Höhen, was der gesamten Produktion eine sentimentale Note verleiht. Verletzlich, beinahe zart wirkt der Gesang, der Songs wie „Accentuate the Positive“ zum Erlebnis machen. In der hiesigen Eiseskälte wärmen diese „Kisses“ wie Kuscheln am Kamin.
Für Ringo bleibt es tragisch: Gegen „Maccas“ Zeitreise bleibt sein Neuling „Ringo 2012“ (HIP-O/UMe Records) beliebig. Es ist ein nettes, etwas betuliches Album, das bei den Fab Four-Anhängern sicher seine Fans finden wird. Zünftiger Pop-Rock, bei dem das Schlagzeug fröhlich tockt, die Gitarre ziept. Ringos gesangliche Qualitäten sind seit jeher begrenzt. Daraus hat er auch nie ein Geheimnis gemacht. „Ringo 2012“ hätte auch „Ringo 1973“ heißen können. Das ist die gute Nachricht: Ringo ist sich treu geblieben.