Pianist Maurizio Pollini wird 70
Rom (dpa) - Der Durchbruch kam mit einem spektakulären Preis und dem Riesenlob eines Altmeisters. Maurizio Pollini war 18, als er in Warschau den begehrten Chopin-Wettbewerb gewann.
Jury-Leiter Arthur Rubinstein machte damals aus seiner Anerkennung keinen Hehl: „Dieser Junge spielt besser Klavier als jeder von uns“, meinte der einst doch selbst als Wunderkind gefeierte Amerikaner. Das war im Jahr 1960. Auf dem Grundstein baute der Mailänder dann seine Karriere als einer der groß gefeierten Pianisten der Gegenwart auf. Heute ist er ein Altstar am Klavier. An diesem Donnerstag wird Maurizio Pollini 70 Jahre alt.
Unsentimental und intensiv, perfekt und einzigartig, formklar und brillant - so charakterisierten Musikkritiker die Technik des jungen, am Mailänder Konservatorium ausgebildeten Pianisten (und gelegentlichen Dirigenten). Vor dem Preis von Warschau hatte Pollini, der Sohn eines Architekten, bereits zwei Auszeichnungen eingeheimst. Doch erst Warschau machte diesen auf Frédéric Chopin spezialisierten Musiker gefragt in den Konzertsälen der Welt. Letzten Schliff holte er sich bei Arturo Benedetti Michelangeli, einem anderen Großmeister.
Klavierkonzerte, Sonaten und Balladen, von Chopin und Ludwig van Beethoven, solo gespielt oder im Orchester - dieses ist nur die eine Seite des Maurizio Pollini. Über die Jahrzehnte hat er sein Programm ausgeweitet, Klassik mit Zeitgenössischem gemischt und Werke etwa von Luigi Nono, Karlheinz Stockhausen oder Pierre Boulez eingefügt. Oder er konzertiert einmal nicht an der Mailänder Scala und in Frankfurts Alter Oper, sondern in Sportzentren und Fabrikhallen. Bereits 1976 in einer Umfrage unter Musikkritikern zum „besten Pianisten der Welt“ gekürt, setzt er im klassischen Repertoire Franz Schubert und Johann Sebastian Bach neben Frédéric Chopin. Als scheu und Mann ohne Posen beschrieben, sucht Pollini immer wieder neue Impulse für seine Musik.
Wer ein Beethoven-Quartett zu schätzen wisse, der sei ja wohl auch in der Lage, zeitgenössischer Musik zu folgen, nach dieser Devise hat Pollini viele seiner Konzertabende zusammengestellt. Auch wenn es dem einen oder anderen Kritiker mitunter an Ausdrucksstärke und Spannung in seinem brillanten Spiel mangelte, Pollini setzte immer wieder neue Akzente. So mit seinem Programm der 32 Beethoven-Sonaten 1993/94 oder mit den im Jahr 2009 veröffentlichten (und gepriesenen) Einspielungen aus Bachs Wohltemperiertem Klavier. Fünf Jahrzehnte nach Rubinsteins Lob setzte ihm der britische „The Independent“ dieses Denkmal: „Er ist der italienische Erzaristokrat des Klaviers“, so schwärmte der Kritiker - und meinte, ihm könnte er die ganze Nacht über zuhören.
Der Künstler, der schon als Kind Klavier studierte und öffentlich auftrat, hat über die Jahre wertvollste Auszeichnungen erhalten. Dazu zählen der internationale Ernst-von-Siemens-Musikpreis (1996) ebenso wie der Echo-Klassik-Preis für sein Lebenswerk (2002) und später der Preis des Klavier-Festivals Ruhr (2008). Und dann noch im vergangenen Oktober der hoch dotierte japanische „Praemium Imperiale“, auch der Nobelpreis der Künste genannt. Seit mehr als vier Jahrzehnten ist er seiner deutschen Klassik-Plattenfirma treu, die den „Erzaristokraten des Klaviers“ 2002 mit einer großen „Maurizio-Pollini-Edition“ ehrte.