Postkarte aus den 80ern: Billy Idol meldet sich zurück

Berlin (dpa) — Die hellblonden Stachelhaare hat er immer noch, der Blick ist rebellisch finster wie früher: Rocker Billy Idol (58) meldet sich mit einer Autobiografie und seinem ersten Studioalbum nach fast zehn Jahren Sendepause zurück.

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Der Brite war einer der Stars in frühen MTV-Zeiten. Mit „Rebel Yell“, „Sweet Sixteen“, „Flash For Fantasy“ und „Eyes Without A Face“ lieferte er den Soundtrack der 80er Jahre.

Dass er jetzt auf die 60 zugeht, wirkt wie ein Wunder, wo sein früheres Leben alle Rockerklischees erfüllt, wie er schreibt. Etwa über seine Zeit in New York, in der sein Mantra war: „Musik, Sex, Drogen, clubben, schlafen und alles wieder von vorn.“ Billy Idol ist einer der Veteranen im Musikgeschäft. Er hat die Punkszene im London der 70er Jahre erlebt, als Johnny Rotten von den Sex Pistols und Designerin Vivienne Westwood gegen das Establishment rebellierten.

Für die Eltern von William Michael Albert Broad, so hieß er bürgerlich, war es natürlich der „schlimmste Albtraum“, dass der Sohn Rockmusiker werden wollte. Den Künstlernamen hat er vom Chemielehrer, der ihn „idle“ (faul) fand. Daraus wurde Idol.

Seinen großen Durchbruch hatte er in den USA. Ein Schlüsselmoment in seinem Leben war ein Motorradunfall 1990: Er verunglückte in Los Angeles mit seiner Harley Davidson und verlor fast ein Bein. Da steckte er mitten in der Arbeit für das Album „Charmed Life“, das für manche seine beste Platte war. „Hinter all dem Leder kommt der Mensch zum Vorschein“, meinte ein Kritiker.

Vor dem Album lagen laut Idols Buch „zwei Jahre lang nonstop Bier, Bräute und Bikes“ dazu ein ständiger Strom aus Drogen wie Hasch, Koks, Ecstasy, Heroin und Opium. Dazu holte sich die Band für Sexorgien Mädchen aus den örtlichen Stripclubs, im Klo des Studios war der Boden vollgekotzt.

Ein Leben voller Kontraste: Später, als Familienvater, ist Idol kurz entsetzt, als Tochter Bonnie ihm mit einem aufgeklebten Tattoo einen Streich spielt. So bürgerlich kann er sein. Sich selbst sieht er als Mann der Extreme, zwischen Mönch und Sexbesessenem, zwischen Priester und Dichter. Das harte Drogen-Leben hat er nach eigenen Angaben hinter sich gelassen.

Beim Schreiben, so erzählt es der Musiker mit Reibeisenstimme im dpa-Interview, war er noch einmal mit den schönen und den düsteren Seiten seiner Vergangenheit konfrontiert. „Es war eine Herausforderung.“ Buch und Platte hätten sich gegenseitig beeinflusst. „Die Autobiografie hat etwas Musikalisches.“ Und umkehrt sei das auch so.

Sein Sohn Willem, der ebenfalls Musiker ist, beneidet ihn ein bisschen um die Zeit in den 80er Jahren. Die Punkzeit, die Jahre vor der Globalisierung und der Computerära hatten etwas Besonderes, wie Idol sagt. „Vielleicht waren es die letzten vor der modernen Zeit.“ Damals sei es noch etwas komplett anderes gewesen, ob man in Deutschland, England oder den USA gelebt habe.

Das neue Album heißt „Kings & Queens Of The Underground“, der Titelsong beschwört alte Zeiten. Es hätte aber auch nach dem Song „Postcards From The Past“ benannt werden können. Es ist eine Postkarte aus den 80ern. Die Gitarren, die Stimme, das klingt ähnlich wie früher - radiotauglicher Rock mit einer Prise Metall, vielleicht schon fast zu eingängig, wie ein Soundtrack fürs Kino.

Neu erfunden hat sich Billy Idol nicht. „Es ist nicht so weit weg von dem, was ich vorher gemacht habe.“ Mit seiner Art von Musik ist es wie mit einer alter Lederjacke: Früher war sie mal toll, dann landete sie im Schrank, heute geht sie wieder. So man Billy Idol auch früher schon mochte.