Rolling Stones: „Sticky Fingers“ neu aufgelegt

Berlin (dpa) - Der Altamont-Alptraum lag hinter ihnen, mit Mick Taylor war ein neuer Gitarrist an Bord, die 60er Jahre waren abgehakt und mit dem Klassiker „Sticky Fingers“ (1971) sollten die Rolling Stones eine weitere Dekade des Erfolges einläuten.

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Hits wie „Brown Sugar“ oder „Wild Horses“ wurden zu Songs für die Ewigkeit. Jetzt ist das epochale Album als Deluxe Edition (2 CDs), Limited Deluxe Edition (2CDs + DVD) und Super Deluxe Edition (3CDs + DVD & Buch) neu erschienen

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FÜNF DOLLAR: Mehr musste man im Mai in Los Angeles nicht bezahlen, um die Rolling Stones zu sehen. Bei ihrem überraschenden Club-Auftritt spielten sie das komplette „Sticky Fingers“-Album zum ersten Mal in ihrer Band-Geschichte in einem Rutsch vor Publikum. Jack Nicholson, Harry Styles, Leonard Cohen und Bruce Willis gehörten im Fonda Theatre zu den VIP-Gästen.

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Das COVER: Seine Genialität hat Pop-Art-Superstar Andy Warhol auch in Cover-Kunst umgesetzt. Die Banane bei Velvet Underground riecht, wenn man dran reibt, und „Sticky Fingers“ wurde durch den echten Reißverschluss berühmt, der bei der CD natürlich fehlt. Das sich deutlich abzeichnende Geschlechtsteil eines „Warhol Protegés“ kam in Spanien allerdings nicht so gut an und wurde verboten. Stattdessen zauberte man eine ziemlich gruselige Dose mit Fingern auf das Cover. Wer das Model in der engen Büx für das ikonische Cover war, hat Warhol nie verraten. Eines ist aber klar: Es ist nicht Mick Jagger gewesen.

„TONGUE & LIPS“: Die berühmte Stones-Zunge, die hier erstmals auftauchte, wurde von dem Design-Studenten John Pasche entworfen. Damit wollte er die „anti-autoritäre Haltung, Micks Mund und die ziemlich offensichtlichen sexuellen Konotationen der Band zum Ausdruck bringen“, erklärte Pasche, der vermutlich das einprägsamste Band-Logo der Rockgeschichte geschaffen hat. Paul McCartney, The Who und viele andere Größen engagierten den Jung-Designer danach ebenfalls.

AUFNAHMEZEIT: „Sticky Fingers“ entstand über einen Zeitraum von zwei Jahren. Sehr zum Ärger von Keith Richards, dem es in der Regel nicht schnell genug gehen konnte. Wenn die Stones aber im Studio waren, dann ging es ruckzuck. Ein zwei Takes - und das Ding war im Kasten. „Brown Sugar“, Wild Horses“ und „You Gotta Move“ wurden in lediglich drei Tagen mit einem Achtspur-Aufnahmegerät eingespielt. Ihre Stimmen ölten Mick Jagger und Keith Richards dabei mit einer Flasche Whisky, die sie bei den Aufnahmen kreisen ließen.

BALLADEN: Rauer, schmutziger Rock'n'Roll mit einer ordentlichen Blues-Infusion - das ist das Geschäft der Rolling Stones, die sich auf „Sticky Fingers“ aber auch ausgiebig und ungewohnt sanft präsentieren. „Es gibt so viele 'slowies', es ist lächerlich“, sagte Jagger kürzlich im Interview mit der Zeitschrift „Uncut“. „Wenn man zehn Songs aufnimmt, ist eine Ballade eigentlich genug, weil die mich wirklich langweilen.“

SISTER MORPHINE: Jagger/Richards - das sind in der Regel die Autorencredits. Der Text zu „Sister Morphine“ - ein Song über einen schwerverletzten Junkie, der im Krankenhaus auf Schwester Morphium und Cousin Kokain wartet - wurde allerdings in weiten Teilen von Marianne Faithfull, die damals erst am Anfang ihres Drogentaumels stand und die Freundin von Mick Jagger war, geschrieben. Erst spät wurden ihr die Autorenrechte eingeräumt, auf „Sticky Fingers“ - das Album ist vollere Drogenreferenzen - fehlen sie wieder.

MICK TAYLOR stieß 1969 zu den Rolling Stones, doch erst durch „Sticky Fingers“ sollte er ein vollständiges Mitglied werden. Der blasse und zurückhaltende Schweiger blieb für viele Stones-Fans immer ein Außenseiter, dabei schwärmte Keith Richards in seiner grandiosen Autobiografie „Life“ von der unglaublichen Kreativität des Gitarristen, der dem Album mit seinem vom Rock beeinflussten melodiösen Blues-Stil durchaus seinen Stempel aufdrückte: „Einige Kompositionen auf 'Sticky Fingers' basierten unmittelbar auf meinem Vertrauen, dass Mick Taylor was Großartige draus machen würde“, schreibt Richards. „Ich wusste, was er draufhatte.“

BONUSMATERIAL: Clapton is God - aber auch ein Rolling Stone? Als Brian Jones aus der Band gekippt und ein Nachfolger gesucht wurde, machte auch Claptons Name die Runde. Ernsthaft daran geglaubt haben dürfte aber wohl niemand. Gemeinsames Musizieren war dennoch drin. Bei einer Geburtstagsparty für Keith Richards entstand 1970 eine neue Version von „Brown Sugar“ mit Eric Clapton an der Slide-Gitarre. Wie das klingt? Wie „Brown Sugar“ - nur halt mit Slide-Gitarre. Diese Version hätte es sogar fast auf das reguläre Album geschafft, waberte dann aber auf Bootlegs jahrzehntelang herum und ist hier erstmals offiziell veröffentlicht worden. Dazu kommt eine Akustik-Version von „Wild Horses“, zahlreiche Live-Aufnahmen, alternative Versionen („Can't You Here My Knocking“) oder ausgedehnte Exkursionen („Bitch“).