Skurriler Wahnsinn mit Helge Schneider in Mülheim
Mülheim an der Ruhr (dpa) Mit fliederfarbener Krawatte schlurft der Meister am Freitagabend auf die vertraute Mülheimer Bühne, in der Hand ein braunes Ledertäschchen, das sich bei näherem Betrachten als leer entpuppt.
Eine Weile steht Helge Schneider nur da, dann verabschiedet er sich vom Publikum. „War schön“, sagt er. Es sind Momente wie diese, die seine Fans zum Jubeln bringen, und seine Kritiker zur Verzweiflung.
Der Komiker stellt in Mülheim sein neues Tournee-Programm „Buxe voll“ vor, das vor allem durch treffsichere Parodien und das scheinbar spontane Umdichten seiner Klassiker glänzt. „Telefonmann“ will Helge Schneider aber erst nicht spielen. Die Ankündigung löst ihm zu viel Zuspruch aus. Erst als das Publikum in der ausverkauften Stadthalle ihn dafür ausbuht, setzt er sich ans Klavier und nimmt sein goldenes Mikrofon in die Hand, das nach seinen Schätzungen „ungefähr 17 Kilogramm“ wiegt.
Zwischen Absurdität und Albernheit, zwischen Genie und Wahnsinn bewegt sich der 55-Jährige, der keinen Satz so zu Ende führt, wie er ihn angefangen hat. Drei Stunden lang wirkt Schneider so, als wäre er nur zufällig da. „Ich muss arbeiten“, erklärt er seinen Zuschauern immer wieder. „Deshalb kann ich mich nicht zu Euch setzen.“ Sein Vortrag über die festliche Jahreszeit endet mit Gedanken über den „fetten, verwöhnten Weihnachtsmann“.
Im Gepäck hat der Komiker seinen Teekoch Bodo mit Mozart-Perücke, den er nach Herzenslust wie einen Hund über die Bühne scheucht. Aber nicht nur Bodo muss leiden: Bei Helge Schneider kriegt an diesem Abend jeder seine Portion Spott ab, vom Phantom der Oper bis zu Hildegard Knef. Seinen Klassiker „Meisenmann“ entstaubt er, indem er sich während des Lieds plötzlich als Herbert Grönemeyer, Udo Lindenberg und Peter Maffay mit sich selbst unterhält. Blitzschnell wechselt er dabei die Rollen, schraubt als Maffay das Mikro runter, röhrt als Grönemeyer dessen Hymne „Mensch“.
Leidenschaftlich wird an diesem Abend gejazzt, was auch Schneiders dreiköpfiger Band mit Gitarre, Schlagzeug und Kontrabass zu verdanken ist. Spontan reagieren die Musiker auf seine Einsätze und Frotzeleien. Zwischendurch lässt der Improvisationskünstler ein Handpuppen-Krokodil aus dem Piano springen. „Huch!“
Auch eine Trompete liegt im Flügel, eine Mundharmonika und ein Mini-Saxofon. Er beherrscht alle Instrumente meisterlich und pustet doch zwischendurch gewollt schräge Töne aus ihnen heraus. Kurz vor Schluss wird Schneider fast ein wenig sentimental. Er winkt mit dem Taschentuch zum Abschied und gedenkt noch einmal derer, „die nicht hier sein konnten, weil sie nicht wussten, wo wir sind“. Seine Zuschauer mahnt der Komiker zur Vorsicht. „Vielleicht sehen wir uns nie wieder, es ist glatt draußen.“