Tausendsassa Daniel Hope schwelgt in Romantik

Berlin (dpa) - Stargeiger Daniel Hope gilt als Tausendsassa: Der in Südafrika geborene Brite mit irischem Pass war lange Mitglied des legendären Beaux Arts Trios, wirkte aber auch an Plattenaufnahmen von Sting mit.

Er liebt alte Musik und fördert zugleich mit eigenen Kompositionsaufträgen zeitgenössische Künstler. Zwei Jahre nach seinem Barock-Album „Air“ schlägt der 36-Jährige nun wieder ganz neue Saiten an: Seine CD „The Romantic Violinist“ ist eine Hommage an den ungarisch-österreichischen Geiger Joseph Joachim (1831-1907).

„Joachim ist eine der faszinierendsten Persönlichkeiten der Musikgeschichte“, sagt Hope in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. „Mit diesem Album habe ich versucht, ein musikalisches Porträt dieses großartigen Geigers zu entwerfen. Wo immer er hinging, hat er die Menschen inspiriert.“

Im Mittelpunkt der Platte steht Max Bruchs Violinkonzert Nr. 1, das Joachim bearbeitet hat. Daneben gibt es Werke seiner Wegbegleiter Franz Schubert, Clara Schumann, Antonin Dvorak und Johannes Brahms. Für dessen „Geistliches Wiegenlied“, das er 1864 zur Geburt von Joachims erstem Kind komponierte, brachte Hope sich auf einem geliehenen Instrument selbst das Bratschenspiel bei, Anne Sofie von Otter übernahm den Gesangspart.

„Ich liebe die romantische Epoche und ich bin jemand, der sehr in dieser nostalgischen Welt schwelgt“, sagt Hope, dessen jüdische Urgroßeltern bis zur Nazi-Zeit in Berlin-Dahlem lebten und in den gleichen Kreisen wie Joachim verkehrten. „Die Geschichte meiner Familie ist etwas, was mich nach wie vor sehr beschäftigt. Und durch dieses Projekt hatte ich das Gefühl, dass ich meiner Familie, meinen Urgroßeltern etwas näher bin.“

Die Suche nach den Spuren seiner Vorfahren in Berlin hatte Hope schon in seinem zusammen mit der Autorin Susanne Schädlich verfassten Buch „Familienstücke“ (2007) geschildert, das ein Bestseller wurde. Obwohl selbst katholisch getauft und evangelisch konfirmiert, fühlt er sich der jüdischen Geschichte besonders verpflichtet. In seiner neuen Aufgabe als Künstlerischer Direktor der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern will er deshalb Versöhnung, Toleranz und Weltoffenheit besonders fördern.

Seine Liebe zur Musik hat Hope schon früh entdeckt. Seine Mutter war durch einen Zufall Halbtagssekretärin bei dem Geigenvirtuosen Yehudi Menuhin in London und nahm ihren Sohn jahrelang mit in dessen Haus. Lange „fiedelte“ der kleine Daniel wie besessen mit Stricknadeln, ehe er als Sechsjähriger richtig Geige lernen durfte. Bei seinem ersten Auftritt flog der Rotschopf noch hinterrücks durch eine Schwingtür von der Bühne.

Das kindliche Missgeschick schildert Hope in seinem neuen Buch „Toi, toi, toi! Pannen und Katastrophen in der Musik“, das fast zeitgleich mit der Platte erschien. Ähnlich wie sein Konzertführer „Wann darf ich klatschen?“ vor zwei Jahren ist auch dies ein leichtfüßiges, beschwingtes Büchlein ohne Anspruch auf allzuviel Tiefgang.

Wir erfahren von Beethovens Ausrastern, Bachs Arrest und Anna Netrebkos geplatzter Korsage. Und auch das einstige Wunderkind Joseph Joachim kommt vor: Wegen angeblich zu steifer Bogenführung hatte sein Wiener Geigenlehrer den Neunjährigen einst als hoffnungslosen Fall weggeschickt. Erst ein Lehrerwechsel half.

„Das Problem bei mir ist die Überdosis an kreativer Energie“, sagt Hope zu seinem Arbeitspensum. „Da brauche ich manchmal einfach eine Stopptaste.“