The National in Berlin: Längst kein Geheimtipp mehr

Berlin (dpa) - Manchmal dauert es eben etwas länger, aber die Fans der US-Gruppe The National haben es schon lange geahnt: Irgendwann kommen die fünf Jungs aus Ohio ganz groß raus.

Nun ist es so weit. Die Berliner Columbiahalle mit über 3000 Plätzen war am Freitagabend ausverkauft, seit Wochen schon; noch vor ein paar Jahren tingelten die Indie-Rocker um Matt Berninger relativ unerkannt durch die kleinen Clubs. Viel Beifall vom Berliner Publikum. Es war das einzige deutsche Konzert in diesem Frühjahr.

Allerdings klingen The National live schon immer anders als auf der Studio-CD. Der typische Sound, der komplexe Klangteppich, diese sehr melancholischen und doch irgendwie entspannten Songs, Berningers tiefer Bariton, die lakonischen Texte, alles ist auch in der großen Halle da. Nur entfaltet es nicht ganz die Magie, die suggestive Wirkung. Der Ton wird lauter, rockiger, ungehobelter.

Ende der 90er in der Post-Punk-Ära in Cincinnati gegründet, sind The National inzwischen eine feste Größe in New York. Zu den Vorbildern gehören so unterschiedliche Gruppen wie The Smith und The Cure, Country-Rock und Britpop haben den einmaligen Sound der Gruppe ebenfalls mitgeprägt. Ihr zweites Album „Sad songs for dirty lovers“ ließ 2003 aufhorchen, es folgten „Alligator“ und das Meisterwerk „Boxer“. Doch erst mit dem aktuellen Album „High Violet“ schafften The National es auch auf die vorderen Plätze der Charts.

Ursprünglich von einem opulenten Gitarrensound getragen, haben The National auch bei ihren Live-Auftritten Unterstützung durch Bläser oder Streicher dabei. Diesmal sind es Trompete und Posaune. Das wird manchmal etwas breit und allzu opulent, doch die treibenden Drums von Bryan Devendorf und Berningers Stimme geben den Songs schnell wieder die notwendige Erdung. „Slow Show“, „Start a War“, „Fake Empire“, das sind auch die Zeichen der Resignation aus den Jahren der Bush-Präsidentschaft. Natürlich haben The National 2008 Wahlkampf für Barack Obama gemacht, Stellungnahmen zu dessen „Performance“ als Präsident sind nicht überliefert.

Das aktuelle Album „High Violet“ ist das erste, das im eigenen Studio in Brooklyn entstanden ist. Kaum ein Song daraus fehlt bei dem Live-Auftritt. „Sorrow“, „Conversation 16“, „England“, diese Stücke haben es auch schon ins Mainstream-Radio geschafft. Hier wird die Lust am perfekten Sound noch deutlicher, gleichzeitig aber auch ein neuer Hang zum Experimentellen. Es bleibt der etwas schwermütige Charakter, Musik für Regentage und für den nächsten Liebeskummer, ist einmal geschrieben worden. Aber das muss ja nicht schlecht sein, wohlig, wortkarg und ein bisschen Selbstmitleid.