Timo Vollbrecht feiert Erfolge in New York
New York (dpa) - Wie weit Timo Vollbrecht auch von seinem Geburtsort Stadthagen bei Hannover entfernt ist, ein kleiner Teil seiner Heimat reist ihm immer hinterher. „Mein Großvater ist Konditor und schickt mir frische Pralinen immer dorthin, wo ich gerade bin“, erzählt der 28-Jährige.
Seit einigen Jahren kommen die Pralinen vor allem nach New York. In der Millionenmetropole hat Vollbrecht sich als erfolgreicher Saxofonist und Komponist etabliert - und seinem Großvater jüngst zum Dank für die Pralinen einen Song geschrieben.
Die renommierte New York University bot Vollbrecht gerade einen Dozentenjob und ein Doktoranden-Studium an. Der Jazz-Star Branford Marsalis lud ihn zu einem gemeinsamen Auftritt im „Village Vanguard“ ein. „Dieser historische Club ist die heilige Halle des Jazz. Als 15-jähriger habe ich Sonny Rollins' Platte "Live at Village Vanguard" rauf und runter gehört. Das Konzert werde ich nie vergessen, damit ist für mich ein Traum auf wundersame Weise in Erfüllung gegangen.“
Schon als Kind war Vollbrecht ständig von Musik umgeben. „Mein Vater hörte viel Musik, meine Mutter tanzte und mein Opa spielte ein altes, wunderschönes Steinway-Klavier, auf dem ich meine ersten Töne versuchte.“ Auf ein Spielzeug-Saxofon folgte ein echtes und schon bald gewann der Niedersachse erste Wettbewerbe wie „Jugend jazzt“ und spielte im BundesJazzOrchester. „Am Saxofon fasziniert mich der Sound und der Facettenreichtum: Auf der einen Seite kann es warm, dunkel und rauchig klingen, auf der anderen Seite mächtig, stark und druckvoll“, sagte der Musiker.
Später studierte Vollbrecht an der Universität der Künste in Berlin und ging dann mit mehreren Stipendien nach New York. „Für einen improvisierenden Musiker ist New York der große Traum. In dieser hochkreativen und kulturell so vielfältigen Stadt ist die global führende Jazz-Szene zu Hause.“ Inzwischen wohnt der 28-Jährige in Harlem - genau wie früher seine musikalischen Vorbilder Sonny Rollins, Thelonious Monk oder Duke Ellington.
Gemeinsam mit drei anderen Musikern an Schlagzeug, Bass und Gitarre hat er die „Timo Vollbrecht Group“ gegründet, mit der er regelmäßig in der Millionenmetropole auftritt. Auch in Panama, der Dominikanischen Republik, Haiti und anderswo hat die Band schon Konzerte gegeben. Das Jazz-Magazin „All About Jazz“ feierte ihn als „brillanten Bandleader“.
In Deutschland ist Vollbrecht, der schon mal mit Popstar Robbie Williams bei einer Echo-Verleihung auf der Bühne stand, ebenfalls unterwegs und tritt mit verschiedenen Bands auf. „Ich pendle zwischen New York und Berlin, aber ich merke schon jedes Mal, dass Deutschland meine Heimat ist“, sagt der Musiker. „Es ist für mich ein Vorteil, von New York aus zu arbeiten, denn hier trifft sich die ganze Welt. Dadurch haben sich für mich neue internationale Konzertmöglichkeiten eröffnet. Gleichzeitig ist die Konkurrenz hoch und die Gagen sind niedrig. Es dauert lange, in New York Fuß zu fassen.“
Die Musikszenen der beiden Länder seien sehr unterschiedlich. „New York ist schnell, pulsierend und divers und gibt der Musik einen einzigartigen Drive. Deutschland ist dagegen entspannter, denn die Menschen leben nicht so hektisch, was sich wiederum auf die Musik auswirkt.“ In New York geschehe vieles spontan. „Ich bin schon überraschend auf die Bühne geholt worden, um mit kubanischen Musikern in einem Club an der 8th Avenue Salsa zu spielen. Und erst letztens unterhielt ich mich mit einem Fremden in der U-Bahn über verschiedene Thelonious-Monk-Platten und er erzählte mir davon, wie er John Coltrane mehrfach live erlebt hatte.“