Von der Reeperbahn an den Broadway: „Rocky“
Hamburg (dpa) - Der berühmteste Filmboxer hat sich auch als Musicalheld durchgeboxt: Rocky Balboa, den Hollywoodstar Sylvester Stallone auf der Leinwand verkörperte, steigt bald am New Yorker Broadway in den Boxring.
Eine Premiere in der Musical-Metropole, die von Deutschlands Musicalhauptstadt Hamburg besonders beobachtet wird: Hier kämpft „Rocky“ seit Ende 2012 allabendlich auf der Bühne des Operettenhauses gegen seinen Kontrahenten Apollo. Der amerikanische Kultfilm mit der klassischen Hollywood-Story über den Triumph des Underdogs feierte seine Uraufführung als Musical fernab der Rocky-Heimat.
Schon wenige Monate nach der ersten Show im Theater auf der Reeperbahn meldeten die hiesigen Musicalproduzenten stolz: Die Show von Stage Entertainment soll Premiere im Winter Garden Theater in New York feiern. „Früher kamen alle großen in Deutschland gezeigten Musical-Produktionen aus den USA oder aus Großbritannien. Aber noch nie hat es irgendeine deutsche Show in das Mutterland des Musicals geschafft“, betonten sie. Mit Argusaugen habe der Broadway nach Hamburg geschaut, denn erstmals sollte ein großer, internationaler Musicalstoff von Deutschland aus in die Welt gehen.
Betrachtet man das Team hinter dem Boxring, hat der Musical-Rocky bis zur Broadway-Premiere am 13. März allerdings zum Teil die Strecke New York - Hamburg - New York zurückgelegt. Ein ganzes Kreativteam aus erfahrenen Broadway-Experten steckt hinter der Bühnenfassung für Deutschland: angefangen bei Regisseur Alex Timbers über Autor Thomas Meehan, Musical-Komponist Stephen Flaherty und Songwriterin Lynn Ahrens bis hin zu den Choreographen Kelly Devine und Stephen Hoggett. Neben den Box-Brüdern Wladimir und Vitali Klitschko war zudem auch Ur-Rocky Stallone als Co-Produzent der 15-Millionen-Euro-Show angetreten.
Einen „Meilenstein für Stage, für die Kulturstadt Hamburg und für das Musical-Genre insgesamt“ sieht der deutsche Marktführer Stage Entertainment in der Aufnahme seines Stückes am Broadway. „Natürlich haben wir bei der Entwicklung des Stoffes insgeheim darauf gehofft, dass die Show auch internationale Relevanz hat“, hieß es damals. „Doch die Theatergesetze am Broadway sind streng, ein deutscher Musicalproduzent hat es dort ungeheuer schwer.“ Anders als ein echter US-amerikanischer Musicaldarsteller vermutlich: Terence Archie wechselte als Rocky-Kontrahent Apollo mit von der Elbe über den Atlantik.
Der Broadway bekommt derweil seinen eigenen neuen Rocky. Darsteller Andy Karl in New York sei ein ganz anderer Typ als Drew Sarich, ebenfalls US-Amerikaner, in Hamburg, berichtete Christoph Drewitz, künstlerischer Leiter am Operettenhaus, wo bislang mehr als eine halbe Million Menschen das Musical sahen. So singe etwa auf der Reeperbahn ein rockiger Tenor die Titelpartie, der seine Angebetete Adrian mit Witzen erobern wolle; am Broadway dagegen ein Bariton, der sich seinem Schwarm etwas zurückhaltender nähere. „Doch beide Rockys sind sensationell gut“, meinte Drewitz. „Das Wichtigste ist ohnehin, dass man in die Fußstapfen von Stallone tritt, ohne ihn kopieren zu wollen.“
Einiges an der Show musste den Bedingungen in New York angepasst werden, wie Drewitz erläuterte, etwa weil der Bühnenraum weniger Platz biete als der in der Hansestadt. Einem Zuschauer, der erst die Hamburger Aufführung und dann die in New York sehe, werde das allerdings kaum auffallen. „Er wird denken, er sieht die gleiche Show“, meinte der künstlerische Leiter. Seit Mitte Februar laufen die Previews am Broadway - wenige Tage zuvor hatte Stage Entertainment mit dem „Wunder von Bern“ seine jüngsten Pläne vorgestellt und Bürgermeister Olaf Scholz betont: von Hamburg aus an den Broadway - „das ist eigentlich die richtige Richtung“.