US-Festival „South by Southwest“ blickt in die Zukunft
Austin (dpa) - Was haben die Tochter eines ehemaligen US-Präsidenten, eine Rock-Legende und ein weltweit zur Fahndung ausgeschriebener Ex-Geheimdienstmitarbeiter gemeinsam? Chelsea Clinton, Neil Young und Edward Snowden gehören in diesem Jahr zu den Teilnehmern auf dem wohl hippsten Multimedia-Festival unserer Zeit.
Am Freitag beginnt in Austin zum 28. Mal das US-Kulturereignis „South by Southwest“ (SXSW).
Zehn Tage lang wird die texanische Hauptstadt im März zum Mekka für Nerds, Popkultur-Begeisterte, Neugierige und Unternehmer. Hollywoodstars stellen ihre neuen Filme vor, Plattenlabel bewerben Bands, Idole halten Reden. Nicht zuletzt suchen Investoren und die „Millennials“, also die junge Generation, nach „dem nächsten großen Ding“. Schließlich wurde hier 2007 der Siegeszug des Kurznachrichtendienstes Twitter eingeläutet und zwei Jahre später das Online-Netzwerk Foursquare bekanntgemacht.
Was 1987 in der Kultur-Oase mitten in dem erzkonservativen US-Staat als Musikfestival begann, ist zur Veranstaltung der Superlative gewachsen. Nach Angaben der Organisatoren spielen rund 2000 Bands auf mehr als 100 Bühnen. Der Technikriese Apple veranstaltet erstmals parallel eine Konzertreihe, bei der Gruppen wie Coldplay, Soundgarden und Pitbull auftreten. Das Filmfestival umfasst rund 400 Vorführungen, darunter auch Hollywood-Premieren. Politiker, Autoren, Wissenschaftler und IT-Bosse stellen sich bei Podiumsdiskussionen der versammelten Netzavantgarde. Auch eine Messe für Videospiele gibt es.
„South by Southwest steht dafür, Menschen aus einem großen Spektrum von Branchen und kreativen Disziplinen zusammenzubringen, um die Zukunft zu verstehen“, erklärt das US-Magazin „Wired“. „Wie schafft man es als Indie-Band? Wie macht man einen besseren Film? Wie baut man ein Start-up-Unternehmen auf, das nicht mies ist?“ Wer nach Austin fährt, sucht Wegweiser für die neue Welt. Mit mehr als 40 000 registrierten Teilnehmern rechnen die Organisatoren in diesem Jahr.
Auch die deutsche „Delegation“ ist beachtlich. Hunderte nehmen laut dem Register die Reise auf sich, davon einige aus dem „Who-is-who“ der deutschen Kultur- und Medienlandschaft. Sogar ein „German Haus“ mit mehr als 100 Ausstellern gibt es. Die Liste reicht von der Stadt Köln, über den Fernsehsender ZDF oder das Fraunhofer Institut, bis zum Online-Netzwerk Xing oder dem Hamburger Reeperbahn Festival. 16 deutsche Bands werden auf den Bühnen der Stadt auftreten. Das Newsportal Spiegel Online veranstaltet eigene Diskussionsrunden.
Wo so viele Digital-Begeisterte aufschlagen, ist die Enthüllung der massiven Internet-Spionage durch die NSA selbstverständlich das beherrschende Thema. Und so wird die Zuschaltung des Whistleblowers Edward Snowden per Video aus dem russischen Asyl am Montag als ein Höhepunkt gesehen. Auch viele der Veranstaltungen drehen sich darum, Wege zu finden, „wie Technologie uns vor der Massenüberwachung beschützen kann“, heißt es in der Mitteilung der Veranstalter.
An Aufmerksamkeit wird es „South by Southwest“ daher auch in diesem Jahr nicht mangeln. Doch erfahrene Besucher sind über den Ansturm unglücklich: Statt Innovationen und überraschende Senkrechtstarter wie Twitter gebe es nur noch Geschubse in überfüllten Hallen - zu viele kämen allein für die Partys am Abend nach Austin, aber nicht mehr für substanzielle Diskussionen. Die Stadt, ihren Hotels, Restaurants und Taxifahrern ist diese Kritik herzlich egal. Mehr als 200 Millionen Dollar (146 Millionen Euro) fließen während der lukrativen zehn Tage in ihre Taschen.