Meisterwerke von ECM wiederveröffentlicht
Berlin (dpa) - Es war 1969, als mit Mal Waldron Trio's „Free At Last“ das erste Album bei ECM veröffentlicht wurde. Das Jazz-Label erinnert nun zum 45. Jubiläum an die Anfangszeit und bringt in diesem Frühjahr sieben Meisterwerke wieder auf den Markt.
Es sind dies Gary Burtons „Seven Songs For Quartett And Chamber Orchestra“, Keith Jarretts „Arbour Zena“ und „Ritual“, „Miroslav Vitous Group“ von Miroslav Vitous Group. Abdullah Ibrahims (Dollar Brand) „African Piano“, Sam Rivers' „Contrasts“ sowie „Five Years Later“ von Ralph Towner/John Abercrombie. Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1969 bis 1981.
Ralph Towner und John Abercrombie hatten sich schon einmal zusammen getan. Die Scheibe „Sargasso Sea“ (1976) war seinerzeit gefeiert worden. An diesen Erfolg wollten die beiden Gitarristen 1981 anknüpfen. „Five Years Later“ ist große und zugleich diskrete Musik.
Die doch sehr unterschiedlichen Gitarristen schaffen es, ein gemeinsames Geflecht aus ständig wechselndem Duett-, Solo- und Begleitspiel zu kreieren. Schon bei der ersten Nummer „Late Night Passenger“ ist diese Empathie der beiden Musiker füreinander zu spüren. Charakteristisch knackt, knistert und quietscht es immer wieder zwischen Towners Tönen. Abercrombies elektrische Gitarre moduliert und untermauert. Ähnlich gestrickt sind „Microthem“ und „Bumabia“. Immer wieder schlingen sich Abercrombies Elektrosound und Towners Akustik umeinander und tänzeln filigran durch die Musik.
In „The Jugglers Etude“ beweisen beide ihre Fingerfertigkeit. Towners Schlagspiel liefert ein wunderbares Rhythmusbett für Abercrombie. Dann schleichen sich da wieder Sounds ein, die wie eine atmosphärische Störung klingen. Es wird skizzenhaft in „Caminata“, vibrierend in „Half Past Two“. „Isla“ ist eine gelassen gespielte Ballade mit pastellfarbener Dramatik. In „Childs Play“ setzt Towner melodische Akzente, Abercrombie helle und dunkle Spitzen. Towner und Abercrombie haben alle acht Stücke auf „Five Years Later“ so komponiert, dass sie viel Raum für freie Improvisation, innige Momente und gemeinsame Sprache lassen.
Musikalisch ganz anders gestaltet sich „Contrasts“. Die Scheibe ist nur ein Puzzleteil des gesamten Schaffens von Sam Rivers, aber ein wichtiges und das einzige Album, dass bei ECM unter seinem Namen erschienen ist.
Bei diesem Label ist der Saxophonist nur noch auf „Conference of the Birds“ (1973) mit dem Dave Holland Quartett zu hören. Rivers war ein unglaublich vielseitiger Musiker. Auf der einen Seite beherrschte er Swing und Blues, auf der anderen atonale Jazz- und Kammermusik.
„Contrasts“ ist avantgardistisch. Alle sieben Nummern hat Rivers komponiert. Es sind Ein-Wort-Titel mit klarer Aussage und musikalischer Komplexität. „Circle“ besticht durch freie Improvisation. George Lewis fühlt sich mit seiner Posaune hörbar wohl, kreirt mit Rivers Saxophon gemeinsame melodische Kaskaden. Schlagzeuger Thurman Barker wirft eher spröde rhythmische Segmente ein. In „Zip“ spielt Rivers sein Tenor kraftvoll und rund. Es erinnert an seine Blue-Note-Zeit (1964-67) .
Bei „Solace“ bilden Lewis' Posaune und Rivers' Sopransaxophon lange Linien. Dave Holland streicht den Bogen in Zeitlupe über seinen Bass. Nur Barker, der hier Marimba spielt, lässt die Töne immer wieder hin- und herhüpfen. Mit „Verve“ bringt Rivers auf der Flöte Fröhlichkeit ins Spiel. Holland reiht sich in die Melodie ein und gibt dem Ganzen fabelhafte Grundlinien. „Images“ wirkt sehr abstrakt. Zum Ende hin halten alle Musiker des Quartetts in „Lines“ markante Monologe, die mit einem kurzgefassten, gemeinsamen Schlusspunkt enden.