"Die Heiterkeit": Musik der Unnahbaren aus dem Norden

Drei junge Frauen, die Hamburger Band Die Heiterkeit, fordern mit ihrer glamourösen Lässigkeit heraus.

Foto: Alina Simmelbauer

Düsseldorf. Ihren Anfang nahm Die Heiterkeit vor vier Jahren in Hamburg. Damals lernten sich Sängerin Stella Sommer, Bassistin Rabea Erradi und Schlagzeugerin Stefanie Hochmuth zwischen Jurastudium und Nächten in der Kultkneipe „Mutter“ kennen. Die Autodidaktinnen mieteten einen Probenraum an, und wenig später folgten bereits die ersten Auftritte.

Das Cover des zweiten Albums "Monterey".

Foto: NN

Im August 2012 erschien das Debütalbum „Herz aus Gold“ und machte Die Heiterkeit über Nacht zum Gesprächsthema in Indie-Kreisen. Die Kritik war nicht einhellig positiv, nicht jeder mochte sich auf dieses herausfordernde und selbstbewusste Werk einlassen.

Das zweite Album „Monterey“ soll nun auch letzte Zweifler überzeugen. Seit Hochmuth Mitte vergangenen Jahres die Band verließ, sitzt Anna Lena Lutz am Schlagzeug. In dieser Besetzung entstand zusammen mit Moses Schneider (Hausproduzent von Tocotronic, Turbostaat und den Beatsteaks) ein Zweitling, der die Stärken des Debüts weiterentwickelt, ohne am Grundgerüst zu rütteln.

Stella Sommer gibt sich als Frontfrau ebenso unnahbar wie ihre gesamte Band. In den Texten auf „Herz aus Gold“ stilisiert sich die junge Frau zur „Königin“ oder spricht mit offen zur Schau gestellter Langeweile davon, wie aufregend das Leben sei. Es ist ein Spiel mit der Wahrnehmung und den unterschiedlichen Rollen-Klischees, die einer Sängerin im Pop anhaften. „Mir gefällt Musik, die Reibungspunkte anbietet, und ich wollte sehen, wie weit man diese Selbstverliebtheit treiben kann“, erklärte sie in einem Interview.

Diese Liebe zur durchdachten Selbstinszenierung setzt sich auf dem neuen Album „Monterey“ fort und macht nicht bei den Liedtexten halt. Die Band-Shirts ziert als Logo ein Smiley mit einem geraden Mund: Ein klassisches Motiv wird abgewandelt und in einen neuen Kontext gerückt. Weder glücklich, noch traurig. Einfach da. Und vor allem: beobachtend und reflektierend. Eine schöne grafische Entsprechung zur musikalischen Herangehensweise dieser Band. Auch die weitere Außendarstellung der Hamburgerinnen folgt diesem Gedanken. Bei Konzerten erscheinen Die Heiterkeit üblicherweise in elegantem Schwarz auf der Bühne, auf Bildern wirkt der Blick betont unaufgeregt. Dieser schlüssige Stil brachte den jungen Frauen sogar eine Mode-Fotostrecke im feministischen Popkultur-Magazin „Missy“ ein.

In den Liedern auf „Monterey“ begegnen einem musikalische Spuren der 90er-Jahre-Indieband Pavement ebenso wie von The Cure oder Velvet Underground. „Zurück in unserer Factory“ heißt es im gleichnamigen ersten Stück: Sommer, deren dunkle, mitunter monotone Stimme nicht selten an die Warhol-Muse Nico erinnert, macht innerhalb weniger Minuten aus dem Probenraum ein Pop-Art-Atelier. „Jetzt wird’s ernst, wir bringen neue Lieder“, ruft sie ihren Zuhörern zu.

„Wohin gehst du, Cary Grant“ versetzt dagegen in ein Hollywood, das so vielleicht nur in der Vorstellung seiner Fans existierte. Der legendäre Schauspieler wird mit einem unüberhörbaren Augenzwinkern angeschmachtet, und doch hat das Lied insgesamt eine ernsthafte, sehnsüchtige Stimmung. Auch der „Kapitän“, der ewig auf seine Geliebte wartet, könnte einer dramatischen Filmszene entsprungen sein: „Oh Kapitän, es gibt tausend Lieder über dich“, hört man Sommers Stimme unter Schichten von Halleffekten klagen. Es geht um Worte, die durch ihren Klang Bilder hervorrufen. Nicht ohne Grund bezieht sich der Titel „Monterey“, der im Spanischen etwa „Berg des Königs“ bedeutet, auf einen Küstenort in Kalifornien.

Diese Musik steht außerhalb gängiger Kategorien einer jungen deutschen Popszene. Mit ihrem zweiten Album beweist die Hamburger Band, dass hinter der vermeintlich launischen Fassade gewachsene Persönlichkeiten lauern. Die Heiterkeit werden so zwar nie eine Hitparadenband. Aber warum sollten sie auch?