Kurz und bündig: Von Lenn bis The Feeling
Berlin (dpa) - Deutschland, USA, Australien, Großbritannien: Viermal Pop von vier Kontinenten - mal aufgebrochen durch Jazz, mal großflächig an U2 orientiert und mal schimmern Queen durch.
Lenn Kudrjawizki (38) hat sich Zeit gelassen: Sein erstes Album „PopArt“, das unter dem Namen LENN entstand, ist 2006 erschienen. Acht Jahre danach hat er jetzt mit seiner Band das bunte „Colors Of Life“ veröffentlicht, das zwischen Pop und Jazz changierend mit virtuosem Gitarrenspiel und schöner Melancholie aufwartet und herrlich entspannt dahinfließt.
Die Pause ist leicht erklärt, denn Lenn Kudrjawizki, der in Russland geboren wurde und in Ost-Berlin aufwuchs, ist in erster Linie ein erfolgreicher Schauspieler - mit einem Fuß in Hollywood. Momentan ist er an der Seite von Chris Pine und Kevin Costner in Kenneth Branaghs Agenten-Thriller „Jack Ryan - Shadow Recruit“ in den Kinos zu sehen.
Cinephil ist auch das vielleicht schönste Stück des Albums: „Never Forget“ wartet mit sattem Streicherklang auf und würde wunderbar in einen sentimentalen Film von Claude Lelouch („Ein Mann und eine Frau“) passen.
Multitalent möchte Lenn Kudrjawizki eigentlich nicht genannt werden, aber es trifft: Er ist nicht nur Schauspieler und Musiker, sondern auch Tänzer, Autor und Regisseur. Ein Wunder, dass er das alles unter einen Hut bekommt.
Für ihr neues Album „Helios“ hat sich die US-Band THE FRAY tatkräftige Unterstützung geholt. Produzent Stuart Price hat bereits mit Keane oder Madonna gearbeitet, OneRepublic-Frontmann Ryan Tedder hat als Produzent und Songwriter seine Spuren hinterlassen.
Das Resultat ist ein flottes Pop-Rock-Album mit gewaltigen Background-Chören und elektronischen Sprengseln, die die neue Experimentierfreudigkeit von The Fray unterstreichen.
Breitwandig angelegt versprüht die US-Band gute Laune: Das neue Wohlgefühl rührt vielleicht daher, dass familiär alles in Butter ist. Gitarrist Dave Welsh hat kürzlich geheiratet, Gitarrist Joe King ist verlobt und Frontmann Isaac Slade und Drummer Ben Wysocki werden demnächst Väter. Das Konzert am 5. März in Köln ist bereits ausverkauft.
THE JEZABELS kommen aus Australien, wo sie es in kürzester Zeit zu einer recht großen Nummer gebracht haben. Es fehlt nur noch ein ganz kleiner Schritt bis an die Spitze: Ihre Alben „Prisoner“ (2011) und das aktuelle „The Brink“ kamen jeweils bis auf Platz zwei der Charts. Verkauft haben sie sich trotzdem sehr ordentlich.
Ihren Indie-Pop, der durch den Gesang von Frontfrau Heyley Mary eine besonders charmante und prägnante Note bekommt, haben The Jezabels zu neuer Größe aufgeblasen, U2 aber sind sie noch nicht, die ganz offensichtlich für viele Bands nach wie vor eine Blaupause abgeben.
Einen Hang zu Theatralik hat die britische Band THE FEELING, die die Gitarren zwar nicht in die Ecke gestellt hat, aber ganz klar dem Piano als Lead-Instrument die Führung überlässt.
„Boy Cried Wolf“ heißt das aktuelle Album, das sich auf den ersten Blick unheimlich gibt. Ein Junge im Scheinwerferkegel eines Hubschraubers ziert das Cover. Spooky. Das eigentliche Thema aber ist die Liebe, die bittersüße Liebe. Sänger und Gitarrist Dan Sells hat seine gescheiterte Beziehung auf das bisweilen schwermütige Album gepackt, das sich auch gerne mal an den Rand des Kitsches bewegt und stellenweise an Coldplay, Embrace, Keane, 10cc oder gar Queen erinnert.
Das Theatralische spiegelt sich auch wunderbar in dem Video zum Opener „Blue Murder“ wieder, in dem Edward Watson, einer der führenden britischen Balletttänzer, die dramatische Musik von The Feeling in einem Flugzeughangar in Körpersprache übersetzt.