Weltmusik: Wyclef Jean - Das soziale Gewissen des HipHop

Angst vor genreübergreifenden Projekten hatte Wyclef Jean noch nie. Darum erhebt er Integration jetzt auch zum offiziellen Leitmotiv. Mit dabei: Shakira und Mary J. Blige.

Düsseldorf. Es kommt einem fast vor, als sei es gestern gewesen, als "Gone Till November" im Radio rauf und runter lief. Tatsächlich ist es aber ein ganzes Jahrzehnt her, als Wyclef Jean mit diesem Single-Hit die Charts stürmte und damit den Grundstein seiner äußerst erfolgreichen Solo-Karriere legte.

Mittlerweile hat Wyclef bereits fünf Studioalben veröffentlicht. Und dieser Tage erscheint sein sechstes. "The Carnival II: Memoirs of an Immigrant" ist angelehnt an sein Solo-Debüt "The Carnival". Damals nahm er die Platte noch mit Unterstützung von Lauryn Hill und Prakazrel Michel auf, seinen Kollegen bei den legendären Fugees.

Das Trio gründete sich 1987 in New Jersey, damals noch unter dem Namen Tranzlator Crew. Ihr erstes Album "Blunted On Reality" (1994) floppte, ihr zweites "The Score", das sie im Jahr 1996 veröffentlichten, war dagegen ein bahnbrechender Erfolg.

Durch die Singles "Fugee-La", "Killing Me Softly" und "Ready Or Not" verbuchten sie Millioneneinnahmen, verschafften sich aber gleichzeitig, was selten ist bei kommerziellem Erfolg, großen Respekt unter Musikschaffenden. Ein Jahr später startete Jean seine Solokarriere.

Die Fugees lösten sich zwar nie offiziell auf, aber seither gab es von ihnen nur noch wenig zu hören. Im Jahr 2004 traten sie noch einmal in "Block Party", einer Musik-Comedy des Brachial-Komikers Dave Chappelle, auf. Kleine Konzerte in den USA und Europa folgten. Ein neues Album hat es von ihnen jedoch nicht mehr gegeben.

Dafür ist Wyclef Jean solo und vor allem als Produzent nicht mehr wegzudenken. Mit vielen namhaften Künstlern stand er bereits im Studio, verhalf Carlos Santana ("Supernatural") und Whitney Houston ("My Love Is Your Love") zu Comebacks und Shakira mit "Hips Don’t Lie" zu ihrem weltweit größten Hit.

Aber nicht nur die Musik ist Wyclef wichtig. Seit Jahren engagiert sich der 35-Jährige für wohltätige Zwecke. Mit "Clef Kids" hilft er Kindern in den USA, ihre Ziele zu verwirklichen. "Das war meine Art Amerika danke zu sagen, für alles was das Land für mich getan hat", sagt er. "Wir suchen Kinder mit unterschiedlichen Talenten, helfen ihnen bei ihrer Entwicklung. So werden Genies gefunden."

Im Alter von sechs Jahren kam der Musiker aus seiner Heimat Haiti in die USA. Als Sohn eines Priesters wuchs er in New York und New Jersey auf. Anfangs konnte er sich nur in seiner Muttersprache Kreolisch verständigen, Englisch lernte er erst spät.

In der Karibik hatte seine Familie in sehr einfachen Verhältnissen gelebt. Deswegen gründete Wyclef im Januar 2005 die Stiftung "Yéle Haiti", die sich zum Ziel setzt, gegen die dortige Armut sowie die Ausbreitung von Aids anzukämpfen.

Seine wohltätige Arbeit beeinflusst Wyclef auch beim Schreiben, genauso wie die vielen Veränderungen, die er durchlebt hat: "Der unerwartete Tod meines Vaters hat mir gezeigt, was wichtig ist im Leben. Und das Geschenk Gottes, die Geburt meiner Tochter, erinnerte mich daran, dass sich mit Liebe Wunden besser heilen lassen."

Highlights Die Mischung aus Rock und HipHop im Album-Opener "Riot" und natürlich der Ohrwurm "Sweetest Girl (Dollar Bill)" überzeugen. Grandios ist auch das dreizehnminütige Medley "Touch Your Button Carnival Jam", für das Wyclef in seiner Heimatsprache Kreolisch singt.