Xavier Naidoo erforscht menschliche Abgründe
Berlin (dpa) - Der Soulsänger Xavier Naidoo (41) wagt bei seinem neuen Album „Mordsmusik“ unter dem Pseudonym „Der Xer“ einen Ausflug in knallharte und brutale Beats der Mode-Stilrichtung Dubstep und heikle Themen wie Gewalt und Mord:
Wie kam es dazu, dass Sie so ein ungewohntes Album aufgenommen haben?
Naidoo: „Ich passe mich der Musik an, zu der ich schreibe. Die Musik ist brutal, die Texte sind brutal. Dubstep-Musik kann ich meistens nur mit Rache, Mord und Totschlag verbinden. Es ist ein ziemlich extremer Gegensatz zu dem, was ich sonst mache. Aber ich glaube, ich lote schon seit einiger Zeit aus, wann ein normaler Mensch zum Mörder wird, wie überschreitet man diese Grenze? Jeder kann zum Mörder werden.“
Ist das nicht ein gefährliches Thema, bei dem man auch schnell missverstanden werden kann?
Naidoo: „An sowas kann ich nicht denken beim Schreiben. Etwa: "Oh, das darf man jetzt nicht sagen." Es ist Kunst. Psychologen schreiben vielleicht ein Buch über Mörder. Ich will das Thema in meiner Kunst ausloten. Ich rufe ja zu nichts auf, das weise ich weit von mir - aber ich will diese Abgründe erforschen. Ich habe jedes Thema des Lebens besungen und ich mache vor keinem Halt. Ich denke, ich bin auch angstfrei genug, um zu sagen, das ist es mir wert, so ein Album zu veröffentlichen. Ich weiß eh nicht, wer das hört - also meine Mutter kann diese Musik nicht hören. Aber inzwischen bin ich zum Glück soweit gekommen, dass es einem egal ist, ob es jemand hören will. Du machst es halt, hast deinen Spaß damit und fertig.“
Erst ein gemeinsames Album mit Rapper Kool Savas, jetzt ein Dubstep-Schocker - man könnte leicht den Eindruck gewinnen, der Naidoo will sich jedes Mal unbedingt neu erfinden. Ist es so?
Naidoo: „Diesen Eindruck könnte man absolut gewinnen. Für mich gehört das aber zu meinem Schaffen dazu. Vor 20 Jahren habe ich gedacht, ich würde gern in jeder Musikrichtung im CD-Laden mit einer Platte stehen, vielleicht versuche ich das immer noch. Aber ich wollte nie Musik in irgendeiner bestimmten Kategorie machen, ich wollte immer alles machen dürfen - egal, was jemand sagt. Dann hätte ich gar nicht erst mit dem Musikmachen angefangen, wenn ich darauf etwas gegeben hätte.“
Gespräch: Andrej Sokolow, dpa