NRW unter Schwarz-Gelb NRW will Kino-Produktion forcieren
Die schwarz-gelbe Landesregierung will den Vorsprung der Bundeshauptstadt mit ihren prestigeträchtigen Kino- und TV-Movie- Produktionen nicht als „gottgegeben“ hinnehmen.
Köln/Düsseldorf. Mit der Mittelaufstockung der Film- und Medienstiftung NRW um 2,5 auf nun rund 30 Millionen Euro will die CDU/FDP-Landesregierung ein Zeichen setzen: „Das ist im Bereich Kino und TV-Movie ein Signal nach den Jahren, in denen es so aussah, als würde NRW sich hinter Bayern und Berlin einrichten“, so Nathanael Liminski, für Medien zuständiger Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei bei der Vorstellung der aktuellen Zahlen der Film- und Fernsehproduktion in NRW.
Aktuell heißt in diesem Fall: Die Zahlen beziehen sich auf 2015 und 2016 und sind somit von der rot-grünen Vorgängerregierung zu verantworten. Deren Bilanz kann sich auf den ersten Blick sehen lassen: „2016 wurde ein Allzeit-Spitzenwert von 313 000 Produktionsminuten für nordrhein-westfälische Unternehmen erreicht. Dies entspricht einem Anteil von 42 Prozent der gesamten TV-Auftragsproduktion in Deutschland“, so Horst Röper, Leiter des Dortmunder Formatt-Instituts, das die Vergleichsstudie erstellt hat. Das Produktionsvolumen der Branche liege schon seit 2010 auf einem hohen Niveau. Dass die NRW-Branche 2015 und 2016 ihre Führungsposition unter den Bundesländern habe weiter ausbauen können, zeige die Leistungsfähigkeit der Unternehmen „und veranschaulicht die guten Voraussetzungen für die Branche in Nordrhein-Westfalen“.
Die Röper-Studie misst lediglich Sendeminuten, die die TV-Sender nicht selbst herstellen, sondern an Unternehmen vergeben. Dabei liegt NRW mit einem Gesamtvolumen von 42 Prozent der deutschen TV-Produktion weit vorn und ist als Produktionsland mit 30 Prozent Marktanteil größer als Bayern, Berlin und Hamburg zusammen. Zu den erfolgreichen TV-Formaten, die überwiegend in NRW produziert und gedreht wurden, gehören etwa „Gladbeck“ oder die mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete Serie „Babylon Berlin“.
Allerdings liegt der NRW- Schwerpunkt deutlich im Trash: Zwei Drittel der Gesamtproduktion entfielen 2016 auf das Genre Doku-Soaps. Neben Soaps, Show, Game und Comedy hält NRW die Spitzenposition im Bereich des Qualitätsfernsehens nur bei journalistischen Langformaten. Daher wundert es auch nicht, dass RTL und Vox für die NRW-Branche „herausragende Bedeutung“ (Röper) haben. Beide Sender haben 2015 und 2016 rund 65 bis 73 Prozent ihres Auftragsvolumens an Unternehmen in NRW vergeben.
Das sieht bei ARD/Degeto laut Röper anders aus: Der öffentlich-rechtliche Sender ignoriere Produzenten aus NRW. Der Anteil von NRW-Firmen mit jeweils unter 1000 von 31 000 (2015) und 34 000 Minuten (2016) sei „kläglich“. Kaum zufällig sieht die Studie bei Locations-Auslastungen für TV-Movies Herausforderungen: „Nach wie vor weist Nordrhein-Westfalen als Produktionsland allerdings auch Schwächen auf — und zwar gerade in den für eine dauerhafte Auslastung der Produktionsinfrastruktur wichtigen Genres. Locations in NRW haben beispielsweise bei den TV-Movies nur einen Produktionsanteil von zehn bzw. elf Prozent. Auffällig ist, dass dieser Anteil deutlich unter dem Marktanteil der NRW-Produzenten liegt. In beiden Untersuchungsjahren war das Produktionsvolumen in NRW nur jeweils halb so groß wie das der NRW-Produzenten.“
Insofern erschien es nicht unpassend, dass die Staatskanzlei die Zahlen in der Kulisse der RTL-Tanzshow „Let’s Dance“ im Studio 32 der MMC-Studios in Köln-Ossendorf vorstellte, die zwar für Kino-Bedingungen ausgelegt sind, aber vor allem TV-Shows beherbergen. Nebenbei ist der Standort ein televisionäres Millionengrab, das zusammen mit der RTL-Ansiedlung an der Kölner Messe von dem unbedingten, jedoch nicht immer legal umgesetzten Willen der Domstadt zeugt, mit dem sie in den 90er und 2000er Jahren zum „Hollywood am Rhein“ aufsteigen wollte. Die Gelder, die die Kölner Stadtsparkasse in den MMC-Studios zur Abwendung einer Pleite versenkte (Schaden: knapp 100 Millionen Euro), sind immer noch Gegenstand eines Verfahrens vor dem Kölner Landgericht. Laut eines Zwischenfazits sieht die 18. Strafkammer den Tatvorwurf der Untreue gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Stadtsparkasse und einen damaligen Vorstandskollegen in Teilen als erwiesen an. Dagegen lasse sich der Vorwurf der Beihilfe zur Untreue gegen den Troisdorfer Bauunternehmer Josef Esch wohl nicht erhärten.
Ginge es lediglich nach Produktionsorten, läge NRW heute schon gut im Rennen: „Das vor Ort hergestellte Volumen entsprach in 2016 gut der Hälfte des gesamten Produktionsvolumens der NRW-Branche. In 2015 waren es sogar 60 Prozent. Die Vergleichswerte für Berlin sind mit gut 30 Prozent deutlich niedriger. Für Bayern liegt die Relation bei rund 40 Prozent“, so Röper.
Eine Erklärung für die relativ guten Werte von Nordrhein-Westfalen könne in der Förderpolitik der Film- und Medienstiftung liegen, die sich vor allem auf den Kinofilm konzentriere. Künftig soll sie sich darauf konzentrieren, dass es mehr NRW-Unternehmen sind, die hier für das Kino arbeiten. Staatskanzlei-Chef Liminski: „Wir wollen, dass die großen Produzenten mit NRW-Hilfe an die Förderung des Bundes herangeführt werden.“ Dazu müsse man keineswegs in Berlin produzieren: „Das ist nicht gottgegeben. NRW hat alles: den Stoff, das Land, die Menschen.“
Unter den Kinoproduzenten ist laut Studie Berlin in Deutschland dominierend: Die dortige Branche erreichte 2015 und 2016 jeweils Anteile von 36 Prozent. Der Abstand zur bayerischen Branche sei größer geworden, weil deren Marktanteil mit gut 20 Prozent gegenüber den Vorjahren rückläufig gewesen sei.
„Kleinere Verluste weist auch die Branche in Nordrhein-Westfalen auf. Sie kam mit einem Volumen von gut 4000 Minuten auf Anteile von 17 Prozent (2015) beziehungsweise 19 Prozent“, heißt es in der Studie. Das zeige, so die medienpolitischen Sprecher von CDU und FDP, dass NRW noch Luft nach oben habe, nachdem Rot-Grün in der Vergangenheit Fördermittel gestrichen habe.