Geburtstagsausstellung Universalkünstler Klaus Rinke wird 80

Düsseldorf. · Die Geburtstagsausstellung für den ehemaligen Professor der Düsseldorfer Kunstakademie Klaus Rinke findet im Museum Küppersmühle statt, die Party in der Kunstakademie Düsseldorf.

Klaus Rinke vor dem Museum Küppersmühle in Duisburg.

Foto: Helga Meister

Klaus Rinke hat zwar keine kolossale Haarmähne mehr, und er stiefelt auch nicht länger durch den Rhein für seine Aktionen. Aber noch immer tönt er laut: „Ich glaube an Klaus Rinke, so lange ich lebe.“ 30 Jahre lang hat er als Professor der Kunstakademie Düsseldorf bewiesen, wie man Kunst mit Energie verbindet. Am Montag wird er 80 Jahre alt. Und da er kein bisschen leiser geworden ist, gibt es ein großes Fest in der Aula und im Museum Küppersmühle in Duisburg eine große Geburtstagsschau mit Riesenbildern zur Hagia Sophia.

Der Eisenbahner-Sohn und Volksschüler war Lehrling für Plakatmalerei in Gelsenkirchen, als er 1955 sein Aha-Erlebnis in der Hamburger Kunsthalle vor Picassos  „Guernica“ hatte. Nun wollte auch er Künstler werden. So besuchte er Zeichenkurse und bat seinen Lehrmeister, mittags durcharbeiten zu  dürfen. So konnte er um 17 Uhr mit der Mappe unterm Arm nach Essen fahren und an der Folkwangschule Kurse belegen. Von 1957 bis 1960 war er als Vollstudent eingeschrieben. Anschließend verschwand er für fünf Jahre nach Paris und Reims.

Als er 1965 nach Düsseldorf kam, bildete er mit Uecker, Polke, Palermo und Richter die Kunstszene. Seinen Einstand als Aktionskünstler gab er 1969 mit „12 Fass geschöpftes Rheinwasser“. Das Wasser war ihm ein Symbol des Lebens. Er agierte mit Fässern, Schläuchen, Eimern, Uhren und Wasserhähnen, alles Instrumente zum Auffangen, Vermessen und zur Bewegung von Wasser. Er trieb Konzeptkunst, Performance und Land Art im Rheinland voran. Er und seine damalige Partnerin Monika Baumgartl demonstrierten aber auch mit „Primärdemonstrationen“ das energiegeladene Verhältnis zwischen Mann und Frau.

Bahnhofsuhren als Teil der Kunst-Installation mit dem Titel "Zeitfeld" von Klaus Rinke stehen im Volksgarten.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Hoch auf dem Kamel durch die Akademie

Als Norbert Kricke 1973 Akademierektor in Düsseldorf wurde, holte er Rinke 1974 ans Haus, denn er suchte (so O-Ton Rinke)  nach einem „Löwen“. Der war nötig, denn nach dem abrupten Abgang von Joseph Beuys wussten 600 Studenten nicht, wohin. Dementsprechend aggressiv war die Stimmung. Doch Rinke, der an den Biennalen in Tokio und Sao Paulo, der Documenta 5 und 6 teilgenommen und ein Solo im New Yorker Museum of Modern Art hatte, war kein Mann von Traurigkeit. 1978 sorgte er mit dem Nagelkünstler Günther Uecker, der zeitgleich mit ihm als Akademieprofessor ernannt wurde, für ein Spektakel. Sie ließen sich vom Sammler Karl-Heinrich Müller Musiker, Kamele und Elefanten finanzieren und enterten die Akademie. Die Elefanten banden sie am Eingang fest. Uecker und Rinke aber saßen zwischen den Höckern der Kamele und ritten in die Kunsthochburg.

Mit Joseph Beuys fühlte er sich eines Geistes, unangepasst und voller Visionen. 1981 eröffnete der Ältere die Ausstellung Hand-Zeichner des Jüngeren in der Staatsgalerie Stuttgart. Wenn es nach ihnen gegangen wäre, hätte es eine breit aufgestellte Akademie gegeben, mit dem Wissen von Fachleuten der Neuzeit. An der jetzigen Generation lässt Rinke kein gutes Haar: „Die Jugend will nur berühmt werden und Geld verdienen. Wir wollten  Kunst machen, weil das das Zeichen des freiheitlichen Lebens war. Kunst war für mich wie Religion. Ich habe nicht Kunst gemacht, um Geld  zu verdienen.“

1981 verschwand er nach Venice in LA, heiratete Andrea und gründete eine kleine Familie. Seit 1982 hat er dort ein Studio, lebt aber seit 2007 meistens im Mühlviertel, wo er dank des Sammlers Reinhold Würth Teile der Textilfabrik Müller-Wipperfürth kaufen konnte. Dort blickt er vom Steilhang auf die Donau und träumt vom Rinke-Museum, das ihm der Baron Otto Plappert auf Schloss Neuhaus bauen will, wo Rinke schon jetzt in einem Flügel über der Kapelle logiert. Architekt wird der berühmte Jean Nouvel, den Rinke seit der Pariser Jugend-Biennale von 1971 kennt, als Nouvel die Pferdeställe von Napoleon in Ausstellungsräume verwandelte.

24 Bahnhofsuhren stehen wie Soldaten im  Zeitfeld der Buga

Rinke liebt Frankreich. Im Jahr 1985 stellte er im Centre Pompidou aus, seit 1996 ist er „Ritter der Kunst“. 1986 schuf er auf Bitten des französischen Staats ein Denkmal zum hundertsten Geburtstag des Philosophen Gaston Bachelard: Ein stählerner Halbkreis überspannt seitdem den Kanal in Lusigny sur Barse.

Nicht nur der Raum interessiert Rinke, sondern auch die Zeit. Die Bahnhofsuhr gehört zu seiner Biografie, denn Urgroßvater, Großvater und Vater waren Eisenbahner. Für das Kind waren Uhren wie Monde. In seinem Geburtsort Gelsenkirchen-Wattenscheid lag ein Rangierbahnhof, wo der Vater als Lademeister für Güterzüge tätig war. Rinkes analoges Zeitfeld von 1987 für die Düsseldorfer Bundesgartenschau zeigt 24 Uhren in Reih und Glied.

Rinke ist kein Bildhauer im traditionellen Sinn. Für ihn sind Skulpturen Instrumente mit philosophischem Hintergrund. Um sie zu realisieren, wird gezeichnet. „Ich habe Tausende von Zeichnungen, alles Konstruktionszeichnungen für meine Riesenbilder. Ich bin ein skulpturaler Zeichner“, sagt er im Gespräch. Im Museum Küppersmühle gibt er einen Ausschnitt aus über 60 Jahren. Wieder spielt das Wasser eine wichtige Rolle, und zwar als erotisches Motiv. Er spricht vom „weiblichen Reproduktionssystem einer Urmutter“, aus der alle Menschen kommen. Wenn er einen Sternenhimmel auf ein Großformat zaubert, assoziiert er den „permanenten Orgasmus, mit dem einst  das Universum erschaffen wurde“.

Das Duisburger Museum zeigt 350 Skizzen wie raumfüllende Kompositionen. Doch auch für Düsseldorf schlägt sein Herz, bis 2004 hat er hier gelehrt. Seine große Schau 2017/18 in Tours hieß „Düsseldorf mon amour“. Als er sie in Düsseldorf anbot, traf er auf keine Gegenliebe. Nun werden immerhin zu seinem Geburtstag die Gäste im Bus in die Küppersmühle kutschiert.