Meinung Abflug in den Luftkrieg: Richtig und dennoch falsch

Am Donnerstag war Internationaler Tag der Menschenrechte. Am Donnerstag sind auch die ersten Bundeswehrflieger zu ihrem Syrien-Einsatz gestartet. Menschenrechte und Marschbefehl haben nichts miteinander zu tun — auch wenn die Bundesregierung und alle Parteien, die für den Auftrag gestimmt haben, den Einsatz als eine Art Friedensmission verstanden wissen wollen.

Foto: Judith Michaelis

Schließlich sollen deutsche Tornados und Tankflugzeuge an der Seite Frankreichs und der Anti-IS-Allianz helfen, eine Mörderbande zu besiegen. Der Abflug in den Luftkrieg ist richtig und dennoch falsch.

Selbst wer Kriegseinsätze grundsätzlich ablehnt, wird einsehen, dass den IS-Dschihadisten mit Worten und politischen Initiativen kaum beizukommen ist. Der Waffengang in Syrien ist nun mal eine Tatsache; gefochten und gestorben wird dort zwar auch mit deutschen Waffen, aber (noch) ohne hiesiges Militär. Wenn Luftwaffe und Bundesmarine helfen würden, den Syrern den ersehnten Frieden zu bringen, wäre das kein Fehler.

Was aber passiert, wenn der IS militärisch geschlagen ist? Dann dürfte der deutsche Einsatz erst recht heikel werden. Der Mission fehlt ja nicht nur ein stabiles UN-Mandat, sondern auch ein klar formuliertes Ziel. Greift die Allianz mit deutscher Beteiligung nach dem IS die regulären Truppen Assads an, um einen „Regime-Change“, also eine Zukunft ohne den Despoten, hinzubekommen? Ein vom Westen gewollter und forcierter Machtwechsel ist bereits vor vier Jahren in Libyen gehörig schiefgegangen. Seinerzeit spielte die Nato für eine dubiose Rebellentruppe Luftwaffe und bombte Machthaber Gaddafi aus dem Palast — heute gilt das instabile Land als nächstes Schlachtfeld für den Heiligen Krieg des IS.

Deutschland sei außenpolitisch erwachsen geworden, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Donnerstag beim SPD-Parteitag und rief seine Genossen zu einer mutigen Außenpolitik auf. Dazu gehört aber, zwischen wenig richtig und viel falsch abzuwägen — notfalls auch gegen Widerstände. SPD-Altkanzler Gerhard Schröder, am Donnerstag ganz auf Steinmeiers Kurs, hat das 2002 mit seinem Nein zum Irak-Krieg vorgemacht. Deutschland hat andere Möglichkeiten, sich in und für Syrien und gegen den Terror zu engagieren. Etwa in der Flüchtlingspolitik. Die war am Donnerstag auch Thema in Berlin. Die Genossen sprachen sich für Aufnahmekontingente aus — ein anderes Wort für Obergrenzen.