Bürgerschaftswahl an Alster und Elbe: Die rote Renaissance in Hamburg
Die Dekade der CDU an der Alster geht zu Ende.
Zehn Jahre lange fristeten die Sozialdemokraten an der Alster ein trauriges Dasein. Sie waren zerstritten, planlos — kurzum: nicht regierungsfähig. Sie hatten das 2001 erlittene Trauma, nach 44 Jahren die Macht zu verlieren, nicht verwunden. Eine Zeit, in der sich die SPD höchstens über die Höhe des nächsten Wahlsieges Gedanken gemacht hatte. Auf den Hochmut folgte der Fall. Doch nun kommt Olaf Scholz, ein Mann, der in der Bundespolitik durchweg glücklos agierte. Er führt die SPD als Spitzenkandidat bei der Hamburger Bürgerschaftswahl morgen zu einem grandiosen Sieg. Denn an seinem Erfolg gibt es keine Zweifel. Allein die Frage ist noch spannend, ob die SPD einen Koalitionspartner benötigt.
Die Dekade der CDU in Hamburg hingegen ist Geschichte. Das Superwahljahr beginnt für sie mit einem Debakel. Bürgermeister Christoph Ahlhaus dafür allein die Schuld zu geben, wäre zu einfach. Der biedere Ahlhaus hatte nie eine Chance, aus dem Schatten seines charismatischen Vorgängers zu treten. Ole von Beust war der Modernisierer, der das erste schwarz-grüne Bündnis auf Landesebene schmiedete. Der aber auch die Flucht ergriff, als die Bürger ihn für seine Schulpolitik abstraften. Ahlhaus versuchte sich als Hardliner, der die konservative Klientel bediente — und scheiterte. Für ihn und die CDU kann es nur noch darum gehen, ihr bisher schlechtestes Ergebnis von 1993 mit 25,1 Prozent nicht zu unterbieten.
Die rote Renaissance nun aber als Fanal für den Niedergang des schwarz-gelben Koalitionsmodells auf Bundesebene zu interpretieren, ist zu weit gedacht. Hamburg ist in seiner Strahlkraft zu klein, um über die Stimmengewichtung im Bundesrat hinaus dort Änderungen zu bewirken. Entscheidend ist da eher die Wahl in Baden-Württemberg im März.
Für Olaf Scholz aber geht es morgen um mehr als den Sieg. Er plant bereits die Wiederwahl 2015. Wenn ihm dieser Coup gelingen sollte, käme die SPD im Herbst 2017 bei der Suche nach einem Kanzlerkandidaten an dem einst belächelten „Scholzomaten“ nicht vorbei. Vielleicht wäre Scholz nach Helmut Schmidt dann sogar der zweite Hamburger, der ins Kanzleramt einzieht. Sicher, das ist noch Zukunftsmusik. Doch die Partitur liegt bei Scholz bestimmt schon in der Schublade.