Meinung CDU/FDP-Koalition - Zügige Verhandlung und rhetorischer Budenzauber

Was hat die neue CDU/FDP-Koalition bisher für NRW erreicht? Nichts — aber das ziemlich beeindruckend. Nichts, weil sie offiziell noch nicht einmal besiegelt ist und ein Koalitionsvertrag naturgemäß nur eine Ansammlung von Absichtserklärungen und Zielformulierungen sein kann und keine Dokumentation bereits erfolgten Regierungshandelns.

Foto: Sergej Lepke

Ziemlich beeindruckend, weil es eine Leistung für sich ist, in welchem Tempo die für alle Seiten überraschende Chance der Zweierkoalition beim Schopfe gepackt wurde. Die Zügigkeit der Verhandlungen, die fortlaufende Kommunikation der Zwischenergebnisse und eine offenkundig weitgehend konfliktfreie Verständigung verdienen Respekt.

Weniger Respekt verdient der rhetorische Budenzauber, mit dem der ganz normale demokratische Mehrheitswechsel begleitet wird. Die Fortsetzung der Wahlkampferzählung, wonach NRW ein von ideologischen Betonköpfen in Ketten gelegtes Brachland ist, das nun von König Armin und seiner Koalitionsrunde mit Entfesselungs- und Freiheitsgesetzen sowie einer Digitaldividende zu neuem Ruhm geführt wird, gehört ins Reich der politischen Märchen.

Denn natürlich waltet in Düsseldorf nicht plötzlich nur noch die Vernunft, wo früher allein die Ideologie beheimatet war. Sondern es vollzieht sich ein zum Teil atemberaubender Wechsel der politischen Schwerpunktsetzung gemäß den neuen Mehrheitsverhältnissen. Was ist an der fast völligen Ausbremsung der Windkraft weniger ideologisch als an ihrer gezielten Förderung? Mit den Zusagen an die Wirtschaft, das Handwerk, die Jäger und die ländliche Region bedient Schwarz-Gelb seine Klientel, wie Rot-Grün es bei ihrer getan hat. Im Übrigen: Man strebe die Balance zwischen Ökonomie und Ökologie an, hieß es gestern in Düsseldorf — und gleichlautend in Kiel. Nur sitzen am dortigen Jamaika-Tisch noch die Grünen mit dabei. So viel zum Thema Ideologie.

Vor allem aber bleibt die 121-seitige Geschichte vom neuen Wunderland NRW an einer Stelle noch enttäuschend nebulös: wie der angekündigte Aufschwung eigentlich finanziert werden soll. Ab 2020 wollen CDU und FDP keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Die aktuell eingeplante Neuverschuldung von 1,6 Milliarden Euro wurde gestern sicherheitshalber erst mal nicht infrage gestellt. Am Ende wird über viele Projekte aber weder Vernunft noch Ideologie entscheiden, sondern das Geld.