Meinung Warum das ZDF sich vom Fußball verabschieden darf
Der Fußball verabschiedet sich zunehmend von seinen Ursprüngen. Das ist keine neue Erkenntnis, sie wird nur hin und wieder veritabel aufgemöbelt. Zum Beispiel, wenn die omnipräsente Helene Fischer auch noch das DFB-Pokalfinale veredelt, Fußballer wie Max Kruse 75 000 Euro im Berliner Taxi vergessen oder die Nationalelf der Vermarktung wegen „Die Mannschaft“ genannt werden will — und nicht mehr Nationalelf.
Und jetzt wird die nächste Stufe gezündet.
Dass dem deutschen TV-Zuschauer ab Sommer 2018 kein einziges Bild mehr von der Champions League frei Haus geliefert wird, ist ein echter Einschnitt, der viel mehr zeigt als keine europäische Eliteliga. Eben dass es auf dieser Welt völlig normal wird, Fußball als Luxusartikel zu bewerten. Die (auch internationale) Nachfrage hat diese Entwicklung bestimmt, und wenn sich seit Jahren niemand findet, der diesen neoliberal getriebenen Markt regelt, dann ist dergleichen Ungemach für den gewöhnlichen TV-Zuschauer auch nicht aufzuhalten.
Das wird auch der deutschen Bundesliga sehr bald widerfahren. Wo sich heute noch alle Beteiligten unter Schmerzen biegen, um die heiligen Kühe Sportschau und Sportstudio mit Liga-Fußball zu verpflegen, wird der Bildschirm in Kürze schwarz bleiben. Spätestens am Dienstag hat aufgehört, was normal war: eine Art Anrecht auf Grundversorgung mit Fußball.
Der erste Reflex wäre der falsche: Das öffentlich-rechtliche Fernsehen nährt sich zwar auch in hohem Maße von Geldern der Fußball-Fans, trotzdem darf man für den Ausstieg des ZDF jedes Verständnis haben. Schon allein in der Verantwortung all jenen gegenüber, die es keinen Deut interessiert, ob der Madrilene Ronaldo zwei oder drei Tore in Mailand schießt, muss der Sender beurteilen, ob er tatsächlich dazu da ist, die Geldspeicher des internationalen Fußballs zum Platzen zu bringen.
Schon jetzt und in der kommenden Saison zahlt das ZDF drei Millionen Euro — für jedes einzelne der 18 Champions-League-Spiele, die der Sender zeigen darf. Das Angebot hat der Sender noch verbessert, gereicht hat es nicht. Weil der Wettlauf der europäischen Großclubs in gegenseitiger Beobachtung längst nicht mehr Vernunft, sondern Panik und Gier getrieben ist.
Der Fan? Ist ein gern gesehener Gast im Stadion. Und als Zahlvieh für Bezahlsender, die künftig die Preise mitgehen, Mannschaften reich und den Fußball langfristig ärmer machen.