Meinung Das haben wir gelernt

Es war eine prominente Woche im Untersuchungsausschuss Anis Amri im NRW-Landtag — trotz der Absage von Hannelore Kraft gestern: Bundesinnenminister, NRW-Innenminister, NRW-Verfassungsschutzchef, Generalbundesanwalt.

Ein Kommentar von Juliane Kinast.

Viel haben wir dabei gelernt. Zum Beispiel, dass zwei Innenminister (Thomas de Maizière und Ralf Jäger) diametral unterschiedlicher Meinung sein können darüber, ob ein Gefährder in Sicherungshaft hätte genommen werden können oder nicht. Auch, dass ein Sonderermittler und ein Generalbundesanwalt völlig uneins darüber sein können, ob Akten mit Beweisen für die Gefährlichkeit Amris nun gesperrt waren oder doch herzlich gern hätten freigegeben werden können. Aber haben wir auch etwas gelernt für die Zukunft?

Nach allem Hin und Her ist festzuhalten, dass Jägers Aussage, der Rechtsstaat sei im Fall Amri an seine Grenzen gegangen, nicht stimmt. Ob ein Richter den Tunesier für eines oder mehrere seiner Vergehen in U-Haft gesteckt, Sicherungshaft bis zur Ausweisung angeordnet oder einer Abschiebungsanordnung zugestimmt hätte, ist völlig unklar. Insofern hätten all diese Versuche am schrecklichen Ausgang womöglich nicht das Geringste geändert. Aber: In einem Fall, der nie vor ein Gericht gelangt ist, ist die Grenze des Rechtsstaates nicht erreicht. Punkt.

Bestehendes Recht könnte also künftig mutiger angewandt werden. Derlei Schlüsse können wir aus den Defiziten im Fall des Tunesiers zuhauf ziehen: Der Datenaustausch in Europa, speziell mit dem Erstaufnahmeland Italien, war mies — muss besser werden; die Bewertung der Gefährlichkeit Amris im Terrorabwehrzentrum war falsch — muss besser werden. Schritte, die jetzt angestoßen wurden. Neben allerlei Drastischem wie Präventivhaft und Fußfessel für mitunter noch völlig unbescholtene Menschen. Hätte das Amri gestoppt? Unklar. Kann es weitere Attentäter stoppen? Unklar. Vor allem haben wir gelernt, wie unsicher unsere Sicherheit heute ist.